DIE DREI ARBEITEN

Der Part in Pfunders war gestorben und seine drei Söhne stritten sich um die Erbschaft. Sie machten nun folgenden Vertrag miteinander: Der eine solle die Toten auf der Totenbahre um die Kirche ziehen, der andere solle um Mitternacht den Kessel von Seefeld, einer Alm jenseits des loches, holen, der dritte solle den weißen Wolf jagen. Wer zuerst nach Hause komme, sollte die Erbschaft haben. Die Arbeiten wurden verlost.

Es war in der Heiligen Nacht, da gingen sie an ihre Arbeiten. Der erste ging zur Kirche, stellte die Totenbahre vor die Kirchtür, schlug den Türring an und sagte den üblichen Spruch. Sogleich kam eine Menge schwarzer Gestalten herbei und setzte sich auf die Bahre. Da ihrer zu viele waren, mußte er einige von der Bahre herabstoßen. So mühte er sich eine Zeitlang mit ihnen herum. Als er sie zuletzt glücklich um die Kirche geschleppt hatte, wollte er sich entfernen. Da verfolgten ihn die Toten. Er hatte aber ein Säcklein voll Mohnkörner mitgenommen und streute ihnen diese Körnlein auf den Weg. Die Toten, welche stark auf den Mohn gehen, bückten sich darnach, und da sie Mühe hatten, dieselben zu sammeln, gelangte er derweil unversehrt nach Hause. Er war der erste wieder daheim.

Dem zweiten ging es so: Er nahm einen Hund, eine Kerze und ein Gewehr mit. Auf dem loche begegnete ihm ein Unheimliches mit den Worten: "Hättest du nicht Heiß und Beiß und Mannsgewehr, zerriss' ich dich zu lauter Fetzilan." Er machte dann unbehelligt seinen Weg und holte den Kessel. Der dritte kam gar nicht mehr zurück.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 594