DER GEIST AUF DER SONNENBURG
Die Sonnenburg bei St. Lorenzen im Pustertal war schon mehrere hundert Jahre ein Nonnenkloster, als die Äbtissin in Streit mit dem Bischof von Brixen verwickelt wurde. Die stolzen Nonnen, lauter Töchter der reichsten und vornehmsten Edelherren des Landes, wollten dem Bischof nicht mehr gehorchen, und dieser jagte sie daher aus der Burg.
Sonnenburg, Pustertal
© Dr.
Dietrich Feil, Sommer 1978
Da war aber eine unter ihnen, welche sagte: "Lieber als daß
ich mich aus den Klostermauern vertreiben lasse, will ich Hungers sterben."
Sie floh daher in den Keller und versteckte sich dort, daß niemand
sie entdecken konnte. Da blieb sie nun und verhungerte. Aber sie konnte
nach ihrem Tode keine Ruhe finden und geht allnächtlich weinend und
klagend im verfallenen Gemäuer um.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 583 f.