DIE TOTENTRUHE WEICHT AUS
Ein Gsieser ging einmal spätabends von Toblach heimwärts und
schlug den Weg über Aufkirchen ein. Kaum war er über dieses
Dörflein hinaus, als er an einen Baumstamm stieß, der mitten
auf dem Wege lag. Der Bauer fluchte über den verwünschten Stock
und rief zornig: "Weich aus!" Und richtig, wich ihm das Holz
aus. Als er es aber näher besichtigte, war es eine Totentruhe. Der
Bauer ging nun weiter und ging immer zu und gelangte doch nicht nach Hause.
Alles Fluchen half ihm nichts, und er ging die ganze Nacht und kam nicht
taleinwärts. In der Früh, als es betläutete und Tag wurde,
war er wieder bei der Truhe in Aufkirchen. Diese verschwand plötzlich,
und jetzt erst konnte der Bauer vom Fleck kommen.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 595