WIE DER SCHWARZHARTNER DEN SCHATZ HEBEN WOLLTE
Der Schwarzhartner, der weitbekannte Meister der Hexen- und Zauberkunst, der oft Tag und Nacht in den Hexenbüchern steckte, begab sich mit noch zwei kecken Gesellen in einer Wintermondnacht auf die Ruine Zwingenstein, um dort Farnsamen zu suchen; denn mit Hilfe dieses zauberkräftigen Samens, der nur im Winter blüht und nur in der Nacht zu bekommen ist, kann man alles, was man will, machen.
Der Hartner brauchte ihn zu seinen Hexenkünsten, und weil es ihm
gerade so im Weg lag, wollte er heute damit das Gold herauszaubern, das
unter der Burg Zwingenstein im Berge war. Vor kurzem hatte er ja das blaue
Flämmlein aufflackern gesehen, ein Zeichen, daß der Schatz
steige. Richtig, sie gingen auf den Burghügel und fingen dort ihr
Geschäft an. Aber o jemine! mit dem Schatz war's nichts und mit dem
Samen auch nichts, denn plötzlich rückte eine große Schar
schwarzer Katzen aus der Burg - etliche hundert müssen es gewesen
sein - und gerade auf den Hartner los und begann ein solch schreckliches
Miauen und Gefunkel mit den Augen, daß selbst den Hartner das Gruseln
überlief und alle Reißaus nahmen. Darum, weil er nirgends aushielt
bis zu Ende, ist er nie ein so recht ordentlicher, geschulter Hexenmeister
geworden, der Schwarzhartner, wie die Leute sagen.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 257 f.