DIE WETTERGLOCKE ZU ROTWAND
Zu Schritzenholz auf der Rittner Alm stand einst ein Hof mit vielen Äckern und Wiesen. Aber eine Kirche war nicht in der Nähe und die Wetter hausten dort oben furchtbar. Deshalb stiftete um 1570 der Schritzenholzer Bauer zu Rotwand eine Glocke, die man bis zu seinem Besitz hinauf hörte, und verlobte, sie für keinen Toten läuten zu lassen. Dies gab ihr eine größere Macht über die Gewitter, und sobald mit ihr wettergeläutet wurde, flohen Blitz und Schauer.
Seitdem hat es in der Rotwand niemals gehagelt, aber man hat auch nie die Glocke einem Toten, sei er Kaiser oder Papst gewesen, geläutet. Da starb Papst Pius IX. und die Geistlichen wollten, daß für ihn auch diese Glocke gezogen werde. Die Alten sagten: "Wegen der Glocken ist noch jeder Papst gestorben" und wollten nicht läuten lassen; die Priester gaben aber nicht nach und endlich schellte man auch mit dieser Glocke. Seitdem hat es fast jedes Jahr ein wenig geschauert.
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol,
2. Auflage, Innsbruck 1891, S. 527 f.