DER BLAUE STEIN
In Welschnofen war ein meeraltes Männlein, das den blauen Stein
entdeckt hatte. Es ging von Zeit zu Zeit in die Berggegend Latemar und
holte sich von dem Stein, soviel es auf einmal tragen konnte. Den Stein
aber verkaufte das Männlein an einen Färber in Bozen, welcher
zu sagen pflegte, daß es auf der ganzen Welt keine schönere
blaue Farbe gebe, als er aus dem blauen Stein vom Latemar gewinne. Er
zahlte auch immer, soviel das Männlein verlangte, und dieses hatte
vollauf zu leben bis an sein Ende. Es hat aber niemandem gesagt, wo der
Stein zu finden ist, und schon viele haben seither vergeblich nach dem
blauen Stein im Latemar gesucht.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 379 f.