DER GASTERTOM

Der Gastertom in Welschnofen war ein Zauberer. Diese Kunst erlernte er von einem Welschen. Der Tom machte nämlich einmal bei Nacht im Karerwald Holz. Da kam der Welsche und zeigte ihm, wie man mittelst des Bergspiegels das Gold in den Bergen sehe und sich unsichtbar machen könne. Im Reiterjoch, sagte er, ist eine Unmasse Goldes, und er belehrte ihn, wie er es finden könne, aber er dürfe nie mehr nehmen, als dort zutage liegt. Das Graben verbot er ihm.

Nun machte sich der Tom unsichtbar, indem er einige Zeichen in der Luft schrieb und ein Sprüchlein dahersagte. So fand er nun die Goldwurzel im Reiterjoch und holte sich Gold, sooft er es brauchte, aber immer nur bei Nacht, denn bei Tag wäre er von den Venedigern zerrissen worden.

Einmal ist ihm einer nachgegangen, der ebenfalls gern reich geworden wäre, allein, wie der Tom oben ist und der andere nicht weit unter ihm, sieht er auf einmal vom Tom nichts mehr. Denn der Gastertom konnte sich ja unsichtbar machen, er hatte mitten in der Christnacht den "Pfarmsamen" gewonnen.

Er ging auch auf die Hirschenjagd, der Tom. Da machte er sich auch unsichtbar und schoß nicht wenige weg. Einmal kam er einem prächtigen Hirschbock oben auf dem Joch ganz nahe, schoß ihn und "legte ihn nieder." Nach diesem schoß er keinen mehr; warum, das weiß man nicht. Der Tom wurde überaus reich; wenn aber jemand in sein Haus kam und das Gold zu sehen hoffte, sah er nur einen Haufen blauer Steine, wie man sie in der Geplengg oben findet. Die Steine waren jedoch lauter geblendetes Gold.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 427 u. 388