HEXENRACHE

Nicht weit von Völs ist mitten im Wald ein schöner Platz, den sich aber die Hexen zu eigen gemacht hatten. In diesem Wald spazierte eines Abends im heißen Sommer der Pfarrer von Völs, um Kühlung zu suchen, legte sich auch dort ins weiche Moos und nickte ein.

Als er aufwachte, war es schon stockfinstere Nacht, und er mochte gehen, wo er nur wollte, aus dem Wald fand er nicht mehr heraus. Deshalb wollte er die Nacht im Walde zubringen, so gut es eben ging, und setzte sich im dichten Gebüsch auf einen Stein. Obwohl er öfter gehört hatte, daß es in diesem Walde nicht geheuer sei, wandelte ihn doch keine Furcht an. Aber er hatte keine Ahnung davon, daß er so nahe am Hexenplatz sei. Es dauerte nicht lange, da hörte er in der Ferne lautes Lachen.

Die Stimmen kamen immer näher und näher, endlich wurde es auf dem Hexenplatz neben dem Pfarrer lebendig und er sah, wie sie ein Feuer anzündeten und ihren Tanz hielten. Plötzlich sprangen die Hexen ins Gebüsch, wo der Pfarrer lag, fielen über ihn her und mißhandelten ihn grausam, so daß er alsbald kein Lebenszeichen mehr gab.

Es währte nicht lange Zeit nach dem Einbruche der Nacht, da machte der Kooperator Lärm, der Pfarrer wäre nimmer heimgekehrt. Die Leute beschlossen, ihn zu suchen und zogen mit Fackeln und Laternen in den Wald, den sie nach allen Richtungen durchstreiften; aber sie konnten den Pfarrer nicht finden. Erst als es tagte, gerieten sie zur Stelle im Gebüsch, wo er war, und fanden ihn tot auf dem Boden liegen, die Haare zerrauft und den ganzen Leib arg zerkratzt und zerschunden. Seine Kleider lagen, in Fetzen zerrissen, umher. Das war die Rache der Schlernhexen, denen der Pfarrer so manchesmal das Wettermachen verleidet hatte.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 434 f.