SPUK IM SCHLOß KALDIFF
Als eine Frau vor Jahren einmal hinaus nach Kaldiff ging, erblickte sie, als sie ganz in der Nähe der Ruine war, im obersten Fenster des sogenannten Messerturmes eine altfränkische Person, die sich höflich verneigte und dann verschwand.
Als der Bauer, der den Hof nahe dem Schloß besitzt, eines Abends
beim Hofbrunnen stand und mit dem Knecht redete, stieg plötzlich
vom Schloß eine lange, unbekannte Gestalt daher und kam auf sie
zu. Sie trug einen langen schwarzen Rock, bockfellene Hosen, weiße
Strümpfe und schöne Schnallenschuhe; auf dem breitkrempigen
Hut waren drei auffallend schöne Nelken. Der Mann kam bis auf drei
Schritte heran, verneigte sich dann, ging ohne ein Wort zu verlieren wieder
zurück und verschwand beim Tor spurlos. Niemand vermochte es sich
zu erklären, was der Spuk gewollt hatte und wie man ihn hätte
erlösen können. (Neumarkt.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 452, S. 255