DER BAUER GERÄT IN DIE WILDE FAHRT
Bei Stilfs im Trafoital rumorte vorzeiten die Wilde Fahrt vorbei, und wer des Abends nachdem Betläuten von seinem Hause fort oder gar im Wald draußen war, der wurde weggeholt, kein Mensch wußte, wohin, denn keiner kam wieder zum Vorschein.
Da war einmal ein Bauer von Stilfs des Abends in den Wald gefahren, um Holz zu holen. Und weil er zum Betläuten noch nicht daheim war, sondern erst auf dem Rückwege, so kam mit der Wilden Fahrt ein schwarzer Mann dahergeritten, der saß auf einem kohlschwarzen Roß und war so erschrecklich groß, daß er den Bauern samt den beiden öchslein und dem Wagen, mit Holz beladen, aufhob und damit fortjagte! Das dauerte so ein paar Tage, bis das Bäuerlein durch flehentliches Bitten den schwarzen Herrn erweicht hatte, daß er ihn mit Ochsen und Wagen frei ließ.
Nicht lange, so kam er mit seinem Gespann nach vielem Fragen auf den rechten Weg und in sein Dorf zurück. Sein Weib freute sich, daß sie ihren lieben Mann wieder hatte und verkündete es den Nachbarn. Diese kamen neugierig herbei und fragten ihn, wie es ihm ergangen sei. Und das Bäuerlein erzählte ihnen sein Abenteuer und wie ihn samt Ochsen und Wagen der Schwarze wie ein Spielzeug durch die Luft getragen habe, aber bei Nacht habe er ihn immer auf den Boden gesetzt, und da mußte er hinterher laufen, daß ihm die Füße wund wurden.
Aber statt des erlösten Bauern mußte ein anderer herhalten,
den sich der schwarze Reiter auf der nächsten Wilden Fahrt aus demselben
Dorfe holte. Dieser, ein Bauernknecht, der ebenfalls nach dem Betläuten
draußen war, kam nimmer heim. Die Leute sagen, er habe lange mit
der Wilden Fahrt umherziehen müssen und sei hernach in der Nähe
von Sand in Passeier in ein Felsenloch gebannt worden.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 517