WAS DIE MALSER VOM LOTSCH ERZÄHLEN

Der Lotsch war der Letzte seiner Familie und ein durchtriebener Lump. Lügen, Raufen, Stehlen waren seine Haupttugenden. Da er noch dazu arbeitsscheu war, so hatte die Gemeinde ihr liebes Kreuz mit ihm. Eines schönen Tages legte er gegenüber vom alten Schulhaus in einer Scheune Feuer. Einige Männer ertappten ihn noch, wie er sich die rußigen Hände rieb. Jetzt war die Geduld der Malser erschöpft, und da der Lotsch kräftig und jung war, so schickten sie ihn zum Militär; er wurde den Kroaten zur Strafe auf 10 Jahre zugeteilt.

Als nun Österreich mit Kaiser Napoleon 1. im Kriege war und immer französische Truppen an den Grenzen Südtirols lagerten, so desertierte der Lotsch und trat in die französische Armee ein. Im Jahre 1799 eroberten die Franzosen den Obervinschgau. Bei dieser Gelegenheit kam der Lotsch als Franzose nach Mals. Zuerst besuchte er den Hofwirt, der bei seiner Ablieferung zum Militär Bürgermeister war, und tötete ihn, sodann suchte er alle Ausschußmänner auf, fand aber keinen, sonst hätte er sie wohl auch umgebracht.

Der Anführer der Franzosen, Dessoles, gab strengen Befehl, Mals und Glurns nicht anzuzünden, da die französische Armee dort lagern wollte. Aber der Lotsch, aus Wut und Rachedurst, zündete Mals an mehreren Stellen an, wobei 108 Häuser abbrannten. Da nun die Bevölkerung mit Hab und Gut auf dem Rücken den Wald hinauf floh, suchte sie der Lotsch zu umgehen und eilte mit einigen Franzosen nach Planeil, wo aber alle erschlagen wurden. So endete der Lotsch.

Quelle: Der Sammler. Beiträge zur tirolischen Heimatkunde. Hrsg. Franz Innerhofer. 5 Bände, Meran 1906 / 1911. I, 12/22 f.