Der Ursprung des Geschlechtes Ladurner

Es ist schon lange her, daß im Turm Guntraun zu Rabland ein junger Ritter namens Gerold lebte, der die schöne und tugendhafte Bauerntochter Hedwig vom Steinerhof liebte und, zum Ärger seiner stolzen Verwandten, als Gattin heimführte. Mochte die adelige Sippe, besonders die des Oheims, Ritter Kuno von Hochnaturns, noch so zürnen, Gerold lebte mit seiner vornehmen, lieblichen Frau in ungetrübtem Glück. Da erging des Kaisers Aufruf zum fünften Kreuzzug durch das Land. Ritter Gerold nahm daraufhin das Kreuz und zog mit Friedrich II. in das Heilige Land, aus dem er aber nicht wiederkehrte.

Während der Abwesenheit Gerolds übernahm Ritter Kuno von Hochnaturns die Vormundschaft über Frau Hedwig und ihr Söhnchen Konradin und ließ nun seinen alten Groll an der hilflosen Burgherrin aus. Das Kind wurde ihr genommen, sie selbst in ein finsteres Gelaß des Schloßturmes gesperrt und derart grausam gequält, bis sie endlich den Leiden erlag. Den Knaben Konradin verbannte er nach Schnals. Der heranwachsende Grafensohn verzichtete auf den Adelstitel und übernahm den stattlichen Hof seines Ziehvaters im Schnalstal, der zum Stammsitz des bekannten Geschlechtes der Ladurner wurde. Ein Nachkomme, der Heimatforscher Josef Ladurner, faßte diese Geschichte in folgenden Versen zusammen:


Von dem, was Steiner-Hedwig litt
im Turm zu Rabeland,
ward nach des Volkes Sprach und Sitt'
der Hof Leidturn genannt.
Man schnitzte dann Ladurn daraus,
und in der Folge kam
vom Bauer Konradin heraus
ein ungeheurer Stamm.

Quelle: Winkler Robert, Volkssagen aus dem Vinschgau, Bozen 1968, S. 332 f.