DER PLAWENNER DRACHE
1.

Im Plawenner Berg war einst ein See. Darin hauste ein fürchterlicher Drache, dem man jährlich Menschen oder Vieh zum Fraße geben mußte, damit er nicht wild werde und die ganze Gegend verheere. Da kam endlich ein Bauer, der einen Ochsen geben sollte, auf einen guten Gedanken. Er nahm dem geschlachteten Tier die Eingeweide heraus, füllte es mit ungelöschtem Kalk und brachte es zum See. Da schoß das Untier schnurstacks auf den Ochsen los, verschlang ihn mit Haut und Haar, soff darauf gierig Wasser und zerbarst bald darauf. (Bei Mals.)

2.

In dem Amdoier See hinter dem Rosengarten haust ein großer Drache, der zu bestimmten Zeiten sich sehen läßt. Er vertilgt alles, was über Nacht in der Nähe des Sees sich befindet. (Tiers.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 237, S. 146