DER SCHATZ BEI ST. MEDARDUS

Hirtenkinder fanden einmal auf den Böden bei St. Medardus einen Haufen schönes, gelbes Laub. Die Kinder freute das Ding, und sie füllten abends die Zwillingshäfen, in denen sie ihre Mittagskost mitgenommen hatten, mit solchen gelben Blättern an und trugen sie mit nach Hause. Als sie nun daheim die Deckel von den Häfen abnahmen, um das neue Spielzeug herauszuholen, wie staunten sie da, als sie nicht mehr die vergilbten Blätter fanden, sondern die Häfen mit hellicht funkelnden Goldmünzen vollgestopft sahen. Dieser Fund erregte Aufsehen, und gar mancher mochte sich denken, so wär's am wohlfeilsten reich zu werden, denn man sah gleich des andern Tages mehrere Leute auf die Böden hinausgehen, um solch' kostbares Laub zu suchen. Aber keinem mehr wollte das glücken. Laubhaufe und Dukaten waren spurlos verschwunden und wurden seitdem nicht mehr gesehen. (Bei Latsch.)

St. Medardus in Tarsch (Latsch)
Romanische Kirche Sankt Medardus in Tarsch (Latsch)
frühes Quellheiligtum
© Wolfgang Morscher, 10. Juli 2004

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 598, S. 337