VON DEN ZWEI BUCKLIGEN SCHUSTERN UND DEN HEXEN

In einem Dorf in Vinschgau, man glaubt in Stilfs war's, lebten zwei Schuster, denen war hinten auf dem Rücken ein Dudelsack angewachsen. Der eine war arm wie eine Kirchenmaus, der andere nicht, wohl aber ein Geizhals. Dem armen Schlucker wollte das Krummsitzen vom Morgen bis zum Abend nicht recht behagen, er griff zum Wanderstab und machte sich auf den Weg, sein Glück zu suchen. Er ging getrost bergauf und bergab und sang und pfiff, weil er sich mit der harten Arbeit nimmer zu plagen brauchte.

Da war es Nacht geworden, und der Schuster ging gerade durch einen finstern Wald, wo er auf einem freien Platz die Hexen tanzen sah. Beim Tanzen war er nie just ungern dabei gewesen, und so war's ihm recht. Er blieb daher stehen und schaute den Tänzerinnen zu. Da trat eine der Hexen aus dem Kreis, kam zum Schuster heran und fragte ihn, ob er die Wochentage aufzählen könne. "ja, das kann ich, bin drei Jahr in die Schule gegangen." Und ob er sie nicht gleich hersagen wolle? Also zählte er sie her; weil er aber wußte, daß !der Pfinztag der Tag der Hexen ist, ließ er diesen Tag aus.

Solche Klugheit hatte das Hexlein vom groben Schuster nicht erwartet, es tat daher sehr freundlich mit demselben, führte ihn in die Reihen der Tänzerinnen, und sie tanzten mit ihm eine Stunde lang. Darauf gewährten sie ihm, zwei Wünsche zu tun. Der Schuster sagte: "Das kommt mir recht; fürs erste wünsche ich mir soviel Geld, als der Abt von Marienberg in seiner Truhe hat; und weil mir aber alles Gold der Welt nicht zu Ansehen gereichen könnte, solange der Sattel auf meinem Buckel klebt, so wünsche ich mir denselben herunter."

Die Hexen gaben also dem Schuster viel Gold und Silber und schnitten ihm so geschickt den Buckel weg, daß er gar nichts spürte. Darauf nahmen sie freundlich von ihm Abschied, und der Schuster ging wieder heim. Der andere Schuster daheim war nicht wenig erstaunt, als er vernahm, daß sein Freund um den Buckel und zu Reichtum gekommen sei, und ließ sich von ihm das Abenteuer erzählen. Nun wollte auch er bei den Hexen sein Glück versuchen und seine Taschen füllen, !denn dem zweiten war es mehr um das Gold zu tun.

So zog er munter fort, kam in den Wald und begegnete den Hexen, welche da lustig tanzten und sprangen. Und eine trat auf ihn zu und sagte: "Wohin des Weges, Bruder Pechdraht? Du trägst nicht schwer an deinem Rucksack, wie ich sehe. Kannst du die Wochentage hersagen?" "Freilich wohl kann ich das und noch mehr, wozu hätte ich sonst in den Schulbänken das Sitzleder geschabt?" Und, was hast, das gibst! Im Nu hatte der Schuster alle sieben Wochentage hergesagt, den Pfinztag auch richtig mitten drin, und dachte: Jetzt kann's mir nimmer fehlen.

Aber er war kaum zu Ende mit dem Aufzählen, da fielen schon die Hexen über ihn her und zahlten ihn mit geschlagener Münze aus. So harte Taler hatte der Schuster in seinem Leben noch nicht eingenommen, aber er trug sie geduldig und dachte sich nur: Wärst du doch lieber bei deinem Leisten sitzen geblieben! Zuletzt warfen ihm die Hexen auch noch den Buckel des anderen Schusters auf die Brust, so daß derselbe augenblicks angewachsen war. Also hatte der Pechvogel zum hinteren auch noch den Schmuck vorne, das eine Stück schöner als das andere, und das alles für seine Habsucht!

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 530