VORMELDUNG

Zum Pfarrer in Schnals kam an einem Spätsommertag ganz bestürzt eine Bäurin und beteuerte, daß sie am Tage vorher ihren Sohn, der doch weit weg auf der Alm war, im Feiertagsgewand habe aus dem Stadel herauskommen sehen. Anfangs sei sie nicht erschrocken, in der Meinung, ihr Sohn sei etwa unvermutet heimgekehrt, als sie ihm aber nachging, sah sie auf einmal nichts mehr von ihm, und es wurde ihr so unheimlich, daß sie am ganzen Leibe zitterte.

Sie bat den Geistlichen, für ihren Sohn zwei hl. Messen zu lesen, denn sie fürchte ein Unglück. Der Geistliche suchte es ihr auszureden, aber vergeblich. Er dachte sich schließlich, die Messen nützen dem Burschen immer, und sagte zu. Drei Wochen später kehrte ihr Sohn frisch und gesund wieder von der Alm heim, aber im Herbst brach im Tal der Typhus aus, und das erste Opfer desselben war der Sohn jener Bäurin.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 467