DIE REICHEN BERGKNAPPEN VON GOSSENSAß UND PFLERSCH
Als die Berge noch Gold und Silber und Kupfer hergaben, da waren Gossensaß
und Pflersch reiche Knappendörfer und die Mädchen heirateten
viel lieber einen Knappen, als einen Bauer. Knappen fuhren damals in die
Halden; die alte St.-Barbara-Kapelle in Gossensaß zeugt heute noch
von dem damaligen Reichtum und künstlerischen Sinn der Knappen.
Wenn diese Bergknappen in langer Prozession zur Kirche zogen, dann erst
durfte geläutet und mit dem Gottesdienst begonnen werden. Ihre Schuhe
benagelten sie mit silbernen Nägeln. Oft wußten sie nicht ein
und aus vor übermut. Dann aber war das Maß auf einmal voll:
Als sie sich nicht scheuten, einem armen Stier die Haut abzuziehen und
ihn mit Salz einzureiben, da brach ein schreckliches Unwetter los, Blitz
und Donner und schlagende Wetter sandte der Herr vom Himmel, und unter
Donnergetöse versank das Bergwerk! Der Reichtum der Schächte
verschwand, und niemals wieder fanden sich Silber oder Gold. Verzweifelt
suchten die Knappen in den Stollen nach den glitzernden Erzen, aber verloren
war auf immer der leuchtende Segen.
Quelle: M. Gröbner in: "Der Schlern", Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde, 1921, S. 295