DER SCHATZ AUF STRAßBERG

Vor dem Tore des alten Schlosses Straßberg steht ein alter Brunnen. In der Christnacht steht in weißem Gewande eine Frau mit verhärmten Zügen an diesem Brunnen und wäscht Windeln. Träne um Träne perlt ihr dabei über ihre Wangen, und die Augen blicken voll Sehnsucht in die Ferne. Kommt nun jemand zu dieser Stunde zum Schloß, findet die Frau und richtet an sie das rechte Wort, so führt sie ihn in den Schloßturm; dort steht ein feuriger Hund mit Schlüsseln im Maul, die ihm mit Gewalt entrissen werden müssen, dann verschwindet das Ungetüm. Die Frau aber führt nun den Retter zu Truhen voll Gold und Silber und findet endlich Ruhe und Frieden.

Quelle: M. Gröbner in: "Der Schlern", Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde, 1921, S. 294