31. [Sonnwendfeuer]
In Nieder-Österreich (V. O. M. B.) werden die Johannisfeuer oder Sonnwendfeuer gewöhnlich vor einem Kreuze auf dem Felde angezündet. In diese Feuer wirft man Blumen; man singt Lieder, umtanzt das Feuer, ißt und trinkt dabei und treibt allerlei Kurzweil. Die Blumen werden gewöhnlich unter Sprüchen dem Feuer übergeben. Nach jedem Spruche wird um das Feuer getanzt, und dabei werden die letzten Worte jedes Spruches gesungen, Abends werden auf allen Anhöhen Feuer angezündet, und die Bursche umtanzen die Feuer mit brennenden Besen, welche zu diesem Behufe in Pech getaucht wurden.
Wer dreimal über ein Feuer springt, bekommt in dem Jahre das Fieber nicht.
Oft wird auch ein mit Pech bestrichenes Wagenrad angezündet, und brennend über eine Leiten (Halde) hinabgerollt.
Allgemein ist der Volksglaube, diese Feuer werden dem h. Johannes zu Ehren angezündet. Um so bemerkenswerter ist es, daß in deutschen Theilen Böhmens z. B. in Eisenberg (Erzgebirge) die Erinnerung an Perun (auch Peroun gesprochen) noch im Volke ist1). Bei Eisenberg werden an einem brennenden Holzstoß die Besen angezündet, und die Knaben laufen um das Feuer herum. Die Mädchen flechten Kränze aus Wiesenblumen (in Katharinenberg aus Kleberkraut), halten dieselben vor die Augen und sehen hindurch nach dem Feuer. Dabei sprechen sie:
Johannisfeuer, guck, guck!
Stärk' mir meine Augen,
stärk' mir meine Augenlieder,
daß ich dich auf's Jahr seh wieder.
Wer dieß dreimal sagt, bekommt während des Jahres keine Augenschmerzen.
In Ober-Österreich und den angrenzenden Theilen Nieder-Österreichs und Böhmens ist der Name Sonnwendfeuer (Sunawendfaija). auch Sonnewettfeuer gebräuchlich. Der Name muß früher weitere Verbreitung gehabt haben; am Semmering bei Schottwien heißt ein Berg Sonnenwendstein.
1) Über Perun s. Hanusch slaw. Mythus 98 u. a. D. Grimm Myth, 118.156.
Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 307f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Mai 2005.
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