Beleg 1 -11 [Vom Heiraten]

1. Die jungen Mädchen gehen in der Christnacht zum Schweinstall und pochen. Regt sich nichts, so ist's ein Zeichen, daß sie im folgenden Jahr noch keinen Mann bekommen; grunzt das alte Schwein, so bedeutet vieß, daß ein älterer Mann das Mädchen heiratet; rührt stch aber ein junges Schwein, so wird ein junger Mann um die Pocherin werben.
(Nied. Österr. V. O. M. B.)

2. Das Mädchen begibt sich in del heil. Nacht in den Hausgarten und macht den Zaun entlang drei Schritte; beim dritten fasst es den nächsten Zaunstecken und bindet ihm ein Band um. Am Morgen wird gesehen, wie der Pfahl aussieht. Ist er verkrüppelt, so wird das Mädchen einen bucklichen zum Manne bekommen; ist aber der Zaunstecken schön gerade, so wird auch der Zukünftige ein hübscher Bursche sein.
(Nied. Österr. V. O. M. B.)

3. Heiratsfähige Mädchen gehen auf einen Kreuzweg, fragen den, der ihnen zuerst begegnet, um seinen Taufnamen, geben ihm auch wohl einen Kuß und eilen davon. Der Name des begegnenden ist auch der des zukünftigen Gatten.1)
(Nied. Öster. Gloggnitz.)

1) Vergl. Wolf, Zeitschr. für Myth, III, 3, S. 309,

4. Die Mädchen, welche ihren künftigen Bräutigam sehen wollen, nehmen in der Christnacht ein neues Thongeschirr, füllen es halb mit Linsen, halb mit Wasser. Dann wird ein Deckel darauf gelegt, und dieser mit Lehm verklebt. Noch vor Mitternacht wird das Gericht gekocht, das Esszeug verkehrt auf den Tisch gelegt, ein Stuhl mit den Füßen nach aufwärts wird an den Tisch gelehnt. Die Linsen werden angerichtet, und das betreffende Mädchen geht nun aus dem Zimmer, und schaut von außen durch ein Fenster hinein. Wird sie das künftige Jahr heiraten, so erscheint alsbald der Bräutigam. Er setzt sich an den Tisch, verzehrt die Linsen, und entfernt sich wieder. Im Fall die lauschende Person nichts sieht, wird sich auch kein Freier einfinden. Um eine glückliche Ehe zu haben, muß sie alle Geräte vernichten, welche ihr bei der Bräutigamsschau gedient haben, und darf höchstens Tisch und Stuhl davon gehalten. (Ungarn, Vesprimer Comitat.)

5. Am Vorabende des heil. Christtages schreiben heiratslustige Mädchen die Namen der ihnen geneigten Burschen auf Zettel, fügen einige unbeschriebene hinzu und legen sie dann unter ihre Kopfküssen. Wenn sie in der Nacht das erstemal erwachen, ziehen sie einen Zettel hervor; ist er mit keinem Namen beschrieben, so werden sie sich in diesem Jahre nicht verheiraten, steht aber ein Name darauf, so wersie denjenigen Burschen heiraten, der den auf dem Zettel geschriebenen Namen trägt.

Andere kehren den Staub in der Stube zusammen und tragen diesen in den Hof hinaus, setzen sich darauf und von welcher Seite her zuerst ein Hahn kräht, von daher werden sie einen Mann bekommen.

In andern Ortschaften stellen sich die Dirnen im Hofe oder Garten in einen Kreis, verbinden sich die Augen, drehen sich mehreremal herum, nehmen einen Schuh in den Mund, werfen ihn drehend in die Höhe und zu welcher Dirne er innerhalb des Kreises fällt, die wird nie heiraten. Dieses werfen wird von jeder wiederholt.

Noch eine andere Art ist folgende:

So viele Dirnen sind, so viele Säckchen werden gemacht; in manche Säckchen kommt Asche, in die andern kommt Mehl, und nun zieht jede Dirne ein Säckchen; erwischt sie ein Säckchen mit Mehl, so wird sie überaus glücklich sein, erhält sie aber ein mit Asche gefülltes, so Wird sie ihr Leben lang unglücklich und bald sterben. (Jetzelsdorf in Nied. Österr.)

6.Im südlichen Böhmen (Prachatitz) legen die Mädchen am heil. Abend das Tischtuch zusammen, begeben sich in's freie und legen sich mit dem Kopfe auf das Tuch. Hören sie läuten, so stirbt bald eine von ihnen; diejenige welche musizieren hört, wird bald heiraten u. s. w. Das nennen sie lusen gehen.

7. Daselbst werden am h. Abende, in der Thomasnacht und am Johannesabende aus neun Arten Holz Kränze verfertigt. Man setzt sie auf den bloßen Kopf, und begibt sich, wenn die Sterne am Himmel stehen, zu einem Bache, wo ein Baum steht. Da schaut man nun in's Wasser und es erscheint das Bild des künftigen Ehegenossen.

8. Am Weihnachtstage rührt man alle Speisen mit einem und demselben Kochlöffel um, ohne ihn immer wieder abzuwaschen, dann läßt man ihn trocknen, hält ihn unter die Schürze, geht auf die Gasse und biegt um eine Ecke herum. Wer einem zuerst begegnet, mit dem wird man verehlicht.
(Nied. Österr.)

9. Wenn am Weihnachtsabende (in Schlesien) jeder seinen Mohnstritzel erhalten hat, so bricht das Mädchen, welches erfahren will woher ihr Bräutigam kommt, ein Stück davon ab, gibt es dem Hunde, und jagt ihn vor das Hausthor. Das Mädchen glaubt nun, der Bräutigam komme von der Seite, wo der Hund hinspringt.

10. Am Christabend bekommt jeder 3 Äpfel und Nüsse. Ein Apfel wird zum Apfelschneiden verwendet. Die Magd begibt sich mit einem Apfel, den sie aber noch nicht mit der bloßen Hand berührt hatte, in die Küche oder in eine finstere Kammer und schneidet denselben, nachdem sie ein Vaterunser vor- und rückwärts gebetet, mit dem Rücken eines Messers entzwei. Dabei spricht sie:

In zwoa Dail schnaid i dih,
Zaig ma's Lieb i bid schen dih.

Die linke Hälfte des Apfels wird hinter die Thür gelegt, die rechte aber wird im Mieder verborgen. Sieht man nun um 12 Uhr Nachts hinter die Thür, so kann man sein Lieb sehen. (Mank in Nied. Österr.)

11. An den langen Winterabenden versammeln sich die Dirnen des Dorfes bei einem Bauern, um dort in Gesellschaft zu spinnen. Es wird aus einer Leuchte Feuer gemacht, und bald hört man das schnurren der Spinnräder. Aber ein ganz anderes Leben herrscht am Silvesterabend, da hört man nicht das schnurren der Räder, diese stehen ganz ruhig in einer Ecke beisammen, während sich die Dirnen mit verschiedenen Spielen unterhalten. Das erste dieser Spiele ist die Leuchtenprob. Es reißt nämlich jede der anwesenden Dirnen zwei Stückchen Haar (Flachs) aus ihrem Rocken, legt beide an den Rand der Leuchte, bezeichnet das eine mit ihrem Namen, das andere dagegen mit dem Namen einer andern Dirne, und zündet beide an. Diejenige Dirne, deren Stück nun früher fortfliegt, wird im folgenden Jahre heiraten. Diesem Spiele folgt der sogenannte Bärentanz oder das Graupenstoßen. Hierbei stellen sich je zwei Personen mit dem Rücken aneinander, umfassen sich mit den Händen, und heben dann einander hin und her. Nach diesem folgt das Blei- und Wachsgießen. Es wird nämlich in eine Schüssel, welche mit Wasser gefüllt ist, geschmolzenes Blei oder Wachs gegossen, und aus den entstandenen Figuren verschiedenes gedeutet. Damit haben die Dirnen ihre Spiele geendigt, und es kommen die Burschen daran. Diese sind mit Gewehren versehen, und eröffnen ihre Spiele mit dem sogenannten Hechsenschießen. Hiebei stellen sie sich in einen Kreis zusammen, und schießen in die Luft. Dieses wiederholen sie dreimal. Während des schießens geht die Hausfrau mit geweihtem Wasser, mit Rauchwerck und geweihter Kreide im Hause herum, besprengt alles, und schreibt auf jede Thüre 3 Kreuze indem sie die Worte Kaspar, Melchar, Balthasar spricht. Durch das schießen sollen die Hechsen [Hexen] verscheucht werden. (Böhmen.)

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 328ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juni 2005.