Beleg 22 -39 [In der Weihnachtszeit]

22. Zu Weihnachten werfen junge Mädchen Strohwische, Schuhe u.dgl. auf blätterlose, kleine Bäume; bleiben sie gleich, das erstemal auf dem Baume hängen, so heiraten die Mädchen künftiges Jahr; müssen sie es aber mehreremale thun, so bleiben sie noch eben so viele Jahre unverheiratet. (Warnsdorf in Böhmen.)

23. Bei dem s.g. "Lichtelschwimmen" befestigen mehrere Personen kleine Wachskerzen in Nußschalen, die auf Wasser gelegt werden. Derjenige, dessen Licht zuerst erlischt, stirbt vor den übrigen. (Daselbst.)

24. In der Weihnachtzeit raffen junge Mädchen eine unbestimmte Menge ungespaltenes Holzes auf; dieses wird dann in der Stube paarweise gelegt. Bleibt ein Stück Holz übrig, so müssen die Mädchen auf ihre Verheiratung noch einige Jahre warten; ist aber alles Holz in Paare gelegt, so wird bald die Hochzeit sein. (Daselbst.)

25. Man betrachtet Abends beim Lampenlichte den Schatten einer Person; fügt es sich, daß der Schatten ohne die Umrisse des Kopfes ist, so stirbt derjenige, dem der Schatten angehört, binnen einem Jahre. Von dreizehn Personen, die an einem Tische sitzen und den Weihnachtschmaus halten, stirbt einer im nächsten Jahre. (Daselbst.)

26. In der Nacht vor dem Feste des h. Stefan wandern die Jungfrauen zu dem Brunnen bei Pösteny (in Ungarn), füllen ihre Krüge und beten, daß der heilige Landespatron ihnen den zukünftigen Lebensgefährten offenbare. Derjenige ist es, welcher ihnen am folgenden Tage beim Kirchgange zuerst begegnet.

27. Wenn am heiligen Abend in Dalleschitz in Mähren gefastet wird, so bringt die Hausfrau verschiedene Fastenspeisen herein, und nachdem man sich satt gegessen, erhält eine jede Person einen Apfel, den schneidet sie in der Mitte entzwei; geschieht dieses ohne ein Körnlein zu verletzen, so wird diese Person das nächste Jahr gesund bleiben, im entgegengesetzten Falle aber entweder krank werden oder gar sterben.

28. Am Christtage schneiden manche Leute eine Nuß entzwei, versehen jede Hälfte mit einem kleinen Lichtchen, setzen sie in eine mit Wasser gefüllte Schüssel und nennen zwei einander liebende Personen. Dann versetzen sie das Wasser in Schwingung; kommen die Hälften der Nuß zusammen, so werden sich die zwei Personen heiraten, im entgegengesetzten Falle aber nicht. (Mähren.)

29. Man schneidet in der Thomasnacht einen Apfel entzwei und zählt dann die in einem Theile enthaltenen Kerne. Sind sie paar, so heiratet man bald; sind sie unpaar, so ist noch nicht daran zu denken. Schneidet man beim theilen des Apfels einen Kern entzwei, so deutet dieß auf häufigen Streit, schneidet man aber zwei Kerne, so hat man bald den Tod der Ehehälfte zu beklagen. (Weisersdorf, Nieder-Österreich.)

30. Außer dem Bleigießen und Schuhwerfen besteht in Müglitz (Mähren) am Andreastage die Sitte des Zaunschüttelns. Dieses geschieht um Mitternacht. Es gehen mehrere Mädchen zu einem Gartenzaune und schütteln denselben, so gut sie können, wobei sie folgenden Spruch hersagen:

Du, Zaun, schüttet dich,
feines Lieb, meld' dich,
asse mir e Hündla belln,
daß ich weiß, wo ich hinkuma sölln.

Hierauf sucht jedes Mädchen irgendwo die Stimme eines Hundes zu hören, und in derjenigen Richtung, wo sie dieselbe vernimmt, befindet sich ihr Zukünftiger.

31. Ein anderer Gebrauch in Müglitz ist das Spänerufen. Heiratslustige Mädchen gehen nämlich am Andreastage um Mitternacht in den Keller und nehmen daselbst so viele Holzspäne, als sie tragen können. Hierauf zählen sie dieselben; wenn die Anzahl der Späne eine gerade ist, so bekommen sie einen ledigen Mann; im andern Falle einen Witwer. (Vgl. Nr. 24.)

32. In Dalleschitz (Mähren) gehen Mädchen während der Mette in ein einsames Zimmer, in welchem der Thür gegenüber ein Spiegel hängt. Hier entkleiden sie sich und fangen an, den Staub von der Thür weg gegen den Spiegel zu kehren, doch immer so, daß sie die Thür im Auge behalten; sehen sie sich um, so wollen sie im Spiegel ihren zukünftigen Mann erblicken. Eine Frau, welche bei ihrem Manne früher im Dienste stand, erzählte, daß sie auf diese Art ihren Mann im Spiegel gesehen habe.

33. Am heiligen Abende ist bei manchen Mädchen die Sitte, nach dem Essen das Tischtuch vor dem Hause auszubeuteln. Geht ein Mann, während sie das Tuch schütteln, vorüber, so wird sie entweder diesen selbst, oder einen seines Standes heiraten. (Dalleschitz,)

34. Am 4. Dezember, dem Barbaratage, verschafft sich jedes Mitglied einer abergläubischen Familie einen Kirsch-, Weichsel- oder Birnbaumzweig. Diese Zweige werden von armen Leuten unter dem Namen Barbarazweige verkauft. Der Zweig eines jeden einzelnen wird nun, um jede Verwechslung zu verhüten, bezeichnet. Alle Zweige kommen in ein mit Wasser gefülltes Gefäß und werden auf den Ofen gestellt. Das Wasser wird jeden zweiten Tag durch frisches ersetzt. Die so gepflegten Zweige treiben nach ungefähr drei Wochen eine weiße Blüte. Derjenige, dessen Zweig am ersten oder am schönsten blüht, hat Glück zu erwarten. (Nied. Österr.)

35. Um Weihnachten geschieht das Holzlegen. Man geht in die Holzlege, schichtet dort das Holz auf und zählt die einzelnen Stücke. Bringt man eine gerade Anzahl von Stücken heraus, so hat man ein langes, glückliches Leben zu erwarten, während eine ungerade Anzahl ein böses Zeichen für die Zukunft ist. (Nied. Österr. Vergl. Nr. 24 und 31.)

36. In der Christnacht geht man schweigend und ohne sich umzusehen auf einen Kreuzweg, macht mit geweihter Kreide einen Kreis und verweilt darin von 12 - 1 Uhr. Vermag jemand die Drohungen der bösen Geister unbeachtet zu lassen, so kann er in die Zukunft sehen, z. B. aus der Gestalt der Wolken schließt er auf sein künftiges Schicksal; wird jemand bald sterben, so sieht er Feuer auf seinem Hause. (Nied. Österr. Vergl. Nr. 12, 13, 16.)

37. Die Landleute glauben, wenn man in der Thomasnacht (21. Christmonat) um 12 Uhr auf den Friedhof gehe, einen Sarg oder das Brett eines gewesenen Sarges nehme, in welchem ein Ast sich befindet, so könne man durch das gemachte Loch alle jene vorübergehen sehn, welche im künftigen Jahre sterben werden. (Teltsch in Mähren.)

38. Wenn man am Silvesterabend beim Mahle sitzt, so achtet die Gesellschaft darauf, wessen Schatten an der Wand nicht sichtbar ist. Der schattenlose (nämlich dessen Schatten bloß auf den Boden fällt oder von dem Schatten eines andern an der Wand verdeckt ist) stirbt im nächsten Jahre. (Nied. Österr.)

39. Derjenige, von dem man am heiligen Abend beim Lichtmachen keinen Schatten sieht, stirbt im künftigen Jahre. (Komotau in Böhmen. Vergl. Nr. 23. 38.)

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 338ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juni 2005.