7. [Die grüne Wiese]
Ziemlich verbreitet ist in Steiermark die Meinung, daß die Soldaten
nicht in den Himmel kämen, sondern die "grüne Wiese"
zu ihrem Sammelplatz hätten. Dort auf der "grünen Wiese"
harren sie, bis der Tag kommt, an welchem sie in der Welt wieder erscheinen
werden.1)
Auf jenem allgemeinen Soldatensammelplatze sitzt auch Kaiser Friedrich
in immerwährender Ruhe. Sein weißer Bart wächst um die
große Tafel, bei der alle Krieger versammelt sind. Wenn er dreimal
rundherum gewachsen sein wird, so wird der Wächter in's Horn blasen
und das unermeßliche Heer wird aufbrechen und in der Welt Ruhe und
Ordnung schaffen. - Das einmalige Herumwachsen des Bartes braucht so lange,
bis der ewige Jude einmal um die Erde herumgewandert ist, und zweimal
ist dieses schon geschehen, zum dritten male geschieht es eben jetzt.
In der Zeit seiner Erscheinung auf der Welt wird große Unordnung
und Verwüstung in derselben herrschen, der eine wird sich über
den andern erheben, jeder wird herrschen wollen, und niemand gehorchen.
Es werden große Brände entstehen, die Wasser werden überall
austreten, die Erde wird zittern und beben und die Menschen werden durch
Krankheiten und Seuchen dahinsterben wie Mücken.
Über diese Zeit soll in der "Williweiß" (an a. O.
Sibelweiß) stehen, daß große Hungersnot sein wird, und
daß "die Milliweiwa mit g'schekatani Firtana gehen werdn".2)
Dann wird Kaiser Friedrich mit seinen Leuten kommen und den Krieg anfangen,
in dem mehr als die Hälfte der Menschen umkommen werden.
Ein Bauer wird beim Schloßberg (in Graz) vorbeifahren schnalzen,
und rufen: "Da is amol die Grazerstadt gestanden."
Dann werden erst die guten Zeiten kommen, alles wird wohlfeil werden,
aber die Leute werden immer schlechter und schlechter werden bis zum Weltuntergange.
1) Über die Heldenhalle, den Wonnegarten
s. Grimm Myth. 781 ff. Unsere Vorfahren dachten sich den Himmel als ein
grünes Gefilde (Grimm Myth. 782). Vergl. oben S. 115.
2) Jetzt tragen die Milchweiber gewöhnlich blaue Schürzen.
Quelle:
Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken,
Wien 1859. S. 119f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.