lV. Entrückung
Heldenhügel
Die Erinnerung an Wuotan als den Lenker des Kriegs ist nicht ganz ausgestorben.
Wuotan und seine Helden sind entrückt in die Berge, wo sie dem Tage
der Entscheidung entgegenschlafen.
Wuotans Todtenreich im Berge vertritt die nordische Valhöll, und
damit im Zusammenhange steht die uralte Vorstellung vom Weltuntergange
und ihrer Erneuerung. Seitdem beliebte Volkshelden, die an die Stelle
der alten Götter traten, heimgegangen waren, wurde auch ihre einstige
Wiederkehr auf staatliche Erneuerung bezogen.1)
Bekannt sind die Sagen von den Teilen, von Barbarossa, von Artus u. a.
Weniger bekannt sind bis jetzt die Sagen von den Heldenhügeln in
Böhmen und Mähren, die einen neuen Beweis dafür geben,
wie sehr die mythischen Vorstellungen der Westslawen mit denen der Deutschen
übereinstimmen, mag nun Entlehnung stattgefunden haben oder eine
gemeinsame Grundlage vorhanden sein. Grimm hat schon in seiner Mythologie
(913) des Svatopluk erwähnt, auf dessen Rückkehr man hofft (Palacky1,135).
Sowohl die Lage Böhmens und Mährens, die Geschichte dieser Länder,
als auch das eigenthümliche wandern der Volkssage machen es höchst
schwierig, fast unmöglich, die deutschen Elemente von den slawischen
zu scheiden. Wir streifen hier überall an die slawische Mythologie,
die leider bis jetzt ihren J. Grimm noch nicht gefunden hat. Hanusch hat
mit der "filosofischen Auffassung" begonnen, ohne hinreichende
konkrete Grundlagen. Wir haben eine Fülle schöner slawischer
Lieder, aber Mythen aus dem Volke müssen erst noch, ohne eigene Zuthaten,
gesammelt werden und zwar von solchen die der westslawischen Dialekte
genau kundig sind. Wir können auf manches hier nur hindeuten, bis
eine reichere Lese in vollen Zug kommt.
1) Über die Bedeutung und den Zusammenhang der
Mythen von den bergentrückten Helden s. Grimm M. 890 fg. 912 ff.,
Kuhn nordd. Sag. S. 495. Simrock Myth. 179, 366.
Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in
Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 108f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.