48. [Lohn verscheucht die Hausgeister]
Die Nächte von Weihnachten bis zum heil. Dreikönigstage werden in Böhmen und andern Theilen Österreichs die "Unternächte" genannt. In dieser Zeit machen sich die Hausgeister besonders bemerkbar. Nicht weit von Saatz lebte eine Bürgerfamilie, deren Hausmutter in der Zeit der Unternächte, wie gebräuchlich, ihre Dienstmagd wechselte. Als das Mädchen den ersten Tag im Dienste zubrachte und früh morgens sehr zeitlich aufstand um seine Arbeiten so bald als möglich fertig zu haben, fand es zu seinem großen erstaunen bereits Zimmer und Küche blank gescheuert, alle Geräte geputzt, kurz alles war bereits in Ordnung. Das Mädchen, in der Meinung, die Frau müsse es gethan haben, war erstaunt darüber, daß diese schon so früh aufgestanden sein sollte und nahm sich vor, am folgenden Tage noch zeitlicher aufzustehen. Als die Frau erwachte, hatte sie große Freude über den Fleiß ihres Dienstboten, denn sie glaubte diese habe alles gemacht und nahm sich im stillen vor, das Mädchen dafür zu belohnen. Des andern Tages steht das Mädchen noch früher auf, findet jedoch abermals alles ganz so, wie sie es am Morgen zuvor gefunden hatte. Auch am dritten Tage kam sie nicht zu dem erwünschten Aufschlusse. Als nun an diesem Tage die Frau abermals so freundlich und zuvorkommend mit ihr war, und ihren Fleiß lobte, sagte sie ihr endlich, daß es sie außerordentlich kränke, wenn die Frau alle Arbeiten selbst mache. Diese fragte befremdet, wie sie das meine. Beide kamen nun überein mehrere Nächte abwechselnd zu wachen, damit sie dann sicher den räthselhaften Helfer entdecken könnten. Schon in der eisten Nacht zwischen 12 - 1 Uhr sahen sie zwei winzige Hauskobolde, in der Gestalt eines Knaben und Mädchens hereinkommen. Beide arbeiteten mit einer solchen Schnelligkeit, daß in kurzer Zeit alles in Ordnung war. Verwundert beschlossen sie auch in der folgenden Nacht zu wachen und sie gewarten das gleiche. Die Kobolde erschienen, arbeiteten fleißig und giengen wieder ihres Weges. Besonders auffallend schien es ihnen, daß die armen Geister ganz nackt kamen. Mitleidig beschloß die Frau ihnen eine Freude zu machen und legte ihnen in der folgenden Nacht 2 ganze vollständige Kleidungen zurecht. Als sie kamen und die Kleider sahen, fingen sie überlaut zu weinen an und der Kobold sagte zu seiner Gefährtin: Nun werden wir auch hier bezahlt und dürfen nichts mehr arbeiten; wo werden wir nun wieder eine gesittete Familie finden? Klagend packten sie dann ihre Geschenke zusammen, giengen ohne etwas zu arbeiten fort und kehrten nicht mehr wieder.
Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 236ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, April 2005.