10. [Das Krapfenwaldl]
Im "Krapfenwaldl" bei Wien wünschte sich an einem Faschingtage1) ein Handwerksbursche Krapfen. Sogleich stund eine Schüssel voll vor ihm. Darüber erschrack er anfangs und als er weiter gegangen, begegnete ihm ein kleines schwarzes Männlein. Dieses trug ihm noch eine Schüssel voll an, wenn er ihm seine Seele verschreibe. Der Bursche wollte nicht glauben, daß er der Teufel sei. Darum sagte er zu ihm: „Werde groß wie ein Riese, klein wie eine Eichel.“ Und das Männlein verwandelte sich sogleich in einen Riesen und dann in eine Eichel. Als der Bursche das sah, steckte er die Eichel in ein Säckchen und trug es nach Grinzing in eine Schlosserwerkstätte, und hämmerte so lange darauf, bis das Männlein versprach seine Seele nicht zu fordern.
Seit der Zeit heißt man jenes Wäldchen "Krapfenwaldl".
1) Um diese Zeit backt man in Wien und Umgebung die sogenannten Faschingkrapfen.
Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 374
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juli 2005.