17. [Wassermann als Pferd]
In der Rusawa (unweit Kremster) halten sich gefährliche Wassermänner
auf, die den Pferden auf der Hutweide nachstellen. Am Philippus- und Jakobustage
lassen deshalb die Hirten eine Erlenrinde weihen und wickeln sie dann
um das Leitseil einer Halfter, damit die Wassergeister ihren Pferden nicht
schaden können. Der Wassermann erscheint in der Gestalt eines Pferdes,
welches ein Maul von Holz hat, und das ist das Kennzeichen für die
Hirten.1)
Wenn man nun einen solchen Wassermann antrifft, und man wirft das mit
der geweihten Erlenrinde überzogene Leitseil über das Pferd,
so ist es in der Gewalt des Menschen, es kann ihm nichts anhaben, und
verrichtet alles das, was ein gewöhnliches Pferd im Stande ist. In
einer Nacht zwischen 11 und 12 Uhr gieng der Pferdehirt Franz Oprsab am
Ufer des Flusses auf und ab. Seine mit geweihter Erlenrinde überzogene
Halfter trug er bei sich. Unterdessen saß der andere Wächter
bei einem Feuer und rauchte. Da kam ihm ein schöner Fuchs entgegen,
der vom Hufe an bis an's Knie weiß war. Der Hirt wollte ihn zu den
andern Pferden jagen, weil er glaubte, es sei ein Pferd von der Herde;
allein er lief immer zum Wasser zurück. Als er ihn aber fieng, und
ihm arglos an den Mund griff, machte er die schreckliche Entdeckung, daß
das Pferd ein Wassermann war. Er faßte aber sogleich Muth, warf
dem Fuchs die geweihte Halfter um, und nun war er in seiner Gewalt. Er
setzte sich sogleich auf, und sprengte mit ihm bis um 3 Uhr früh
herum. Als er ihn dann wieder ausließ, verwandelte sich das Pferd
plötzlich in einen Menschen, welcher dem Pferdehirten in einem Tone
durch die Nase2) zurief: Dir hat es der
Teufel in die Nase gesteckt. Darauf sprang er in das Wasser und ließ
sich nie wieder sehen.
Auch ein Knecht erwischte einmal statt seines Pferdes einen Wassermann,
der seinem Pferde ganz ähnlich war. Um aber zu sehn wie es ausfalle,
nahm er ihn zum ackern. Er hätte nun im Anfange und am Ende des ackerns
das Kreuz machen sollen; weil er aber das nicht that, so war am andern
Tage, als er den Acker ansah, gar nichts gemacht, sondern es war alles
so wie früher.
In dem Dorfe Brawcic lebte ein Viertellehner, welcher zwei schöne
Pferde besaß. Er hatte sie so zahm gemacht, daß er, wenn er
sie von der Weide nach Hause holte, nur einen Pfiff zu thun brauchte,
und seine Pferde sprangen sogleich auf ihn zu. Einst gieng er auf die
Weide um die Pferde zu holen. Er that einen Pfiff, und es kamen Pferde
dahergesprengt. Das äußere derselben war dem der seinigen ganz
ähnlich, allein sie hatten das bekannte Merkmahl eines Wassermannes,
nämlich der Unterkiefer war von Holz. Jedoch der Bauer, Namens Hlubil,
fasste sich sogleich und warf den beiden Pferden die Erlenhalfter um,
welche den Wassermann unschädlich macht.
So ritt er mit ihnen nach Hause und stellte sie in den Pferdestall. Jeder
Bauer weiß sich in solchen Fällen zu helfen. Es ist nämlich
von Alters her im Dorfe Gebrauch, solchen Pferden Steine statt des Hafers
zu geben. Da Hlubil gerade Arbeit hatte, so benützte er die mit Steinen
gefütterten Wassermänner und strengte ihre Kräfte beim
ackern an. Nachdem er sie wieder freigelassen hatte, schrien sie ihm zu:
Dir hat es der Teufel in die Nase gesteckt, daß du uns Steine zu
fressen gabst, sonst hätten wir dir alles zusammengeschlagen.
1) Vergl. Grimm M. 458. Kuhn und Schwarz Nordd.
Sag. Nr. 61 und S. 476. Auch hier zeigt sich die Übereinstimmung
der wahrscheinlich slawischen Mythe mit der germanischen.
2) Das hält man auch für ein Kennzeichen.
Quelle:
Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken,
Wien 1859. S. 185ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.