24. [Der Wassermann als Schuster]
Ein Bauer, der an der March (bei Wessely) eine große Wiese hatte,
machte aus dem Heu mehrere Haufen. So oft er nun hin kam, fand er immer,
daß dieselben zum Theil [Teil] zerstreut waren. Darum beschloß
er sich auf die Lauer zu stellen. Und als er bei der Nacht hinter einem
Gebüsche verborgen auf den nächtlichen Unhold wartete, sah er
um Mitternacht bei dem Scheine des Mondes aus der March einen kleinen
Jungen steigen, welcher verschiedene Schuhmacherwerkzeuge hatte, auf einen
der Haufen sprang, und daselbst fleißig zu arbeiten anfieng. Der
Bauer beobachtete ihn einige Zeit, und sah, daß der Junge einen
Stiefel fertig machte, und in die Sohle mehrere Stifte einschlug. Als
er aber am Ende sprach: So, jetzt hier noch einen, und dort auch noch
einen, dann bin ich fertig, schlich sich der Bauer zu dem Haufen, und
schlug den Jungen, der ein Wassermann war, so heftig auf das Genick, daß
dieser den fertigen Stiefel zurücklassend eilig in die March entfloh.
Der zurückgelassene Stiefel war so gut gemacht, daß der Bauer
zwölf andere, die er sich zu demselben machen ließ, zerriß,
ohne daß der vom Wassermanne verfertigte schadhaft wurde.
Die Landleute von Maltschitz verkaufen nach Krumau Milch und Schmalz.
Auf dem Wege gibt es Teiche, in welchem sich der Wassermann aufhält.
Als einst ein Weib Schmalz nach Krumau trug, saß ein grünes
Männlein, welchem aus dem linken Rockschöße Wasser troff,
auf dem Damm und kämmte sich seine Haare. Als der kleine das Weib
bemerkte, sprang er in's Wasser, kam aber alsbald wieder zum Vorschein,
jedoch ganz anders gekleidet und größer als vorher. Er bat
das Weib, sie möge ihm ihr Schmalz verkaufen, und auf dem Rückwege
hier wieder vorbei kommen. Erschrocken ließ sie das Schmalz zurück.
Auf dem Rückwege fand sie das Gefäß sammt vielem Gelde
auf dem Damme.
Quelle:
Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken,
Wien 1859. S. 195f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.