13. [Das dreibeinige Pferd]
Ungefähr eine Stunde von Niederhollabrunn, in Nieder-Österreich,
liegt der große Rohrwald, der in mehrere Theile zerfällt, die
wieder verschiedene Namen führen. Der gröste Theil ist der Kaltenberg.
In diesem Theile des Waldes liegt ein Stein, der die Gestalt eines Pferdefußes
hat.
Zwei Bauern fuhren eines Tages in den Wald um Holz, und verirrten sich
bei ihrer Rückfahrt in demselben. Sie kamen auf einen mit Gesträuchen
verwachsenen unfahrbaren Weg, und marterten ihre Pferde schon über
eine halbe Stunde, denn sie meinten den rechten Weg doch noch zu finden;
aber statt vorwärts zu kommen, kamen sie immer mehr rückwärts.
Da begegnete ihnen ein Mann mit schwarzem Mantel und schwarzem runden
Hute, welchen sie für den Teufel hielten. Sie sahen nämlich
bei einer Bewegung mit dem Hute auf dessen Kopfe zwei Hörner hervorragen.
Er sprach zu ihnen: Freunde ihr habt euch gewis verirrt? gebt mir ein
Pferd, so will ich euch auf den rechten Weg bringen, denn ich bin schon
sehr müde, und kann nicht mehr weiter gehen. Die Bauern boten ihm
ein schwarzes Pferd, jedoch nur so weit, bis sie auf den rechten Weg kämen,
Indes nun die Bauern mit dem ausspannen eines Pferdes beschäftigt
waren, zog der Teufel eine Flasche Wein aus seinem Mantel hervor, und
hieß sie trinken. Die Bauern, die den ganzen Tag Durst gelitten,
ließen sich das nicht zweimal sagen, und leerten die Flasche. Nun
bestieg der Teufel sein Pferd und ritt vor ihnen her; ungefähr nach
einer viertel Stunde machte er halt und sagte: Jetzt fahret nur gerade
fort, so werdet ihr euch nicht mehr verirren können. Darauf lenkte
er sein Pferd um, und wollte wieder zurückreiten. Wie die Bauern
dieses sahen, daß er mit dem Pferde davon reiten wollte, nahmen
sie ihre Hacken, welche sie bei sich hatten um Holz zu hauen, und liefen
ihm nach. Schon stund ein Bauer hinter ihm und hieb mit der Hacke auf
ihn los. Aber statt den Teufel zu treffen, traf er das Pferd in den linken
Hinterfuß, der sogleich auf der Erde liegen blieb und in Stein sich
verwandelte. Man kann ihn noch heutiges Tags sehen.
Seit der Zeit ist das Pferd, auf welchem man den Teufel nachts reiten
sieht, nur dreibeinig.1)
Die Bauern kehrten zu ihrem Wagen zurück, und fuhren nach Hause.
Sie erzählten alles was vorgefallen war ihren Angehörigen, aber
sie starben noch dieselbe Nacht.
Man sagt, sie haben durch den Wein, den sie getrunken, dem Teufel ihre
Seele verkauft.
1) Vergl. oben Nr 3.
Quelle: Mythen und Bräuche
des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 34f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.