4. [Der Einäugige]
Zu Zirknitz in Kram lebte ein verarmter Mann, der gieng eines Abends
spät über den Slivenza, da begegnete ihm ein kleiner, bucklichter,
einäugiger Greis, der redete ihn an, und der Bauer klagte ihm seine
Noth. Komm mit mir, sagte der Greis, ich will dir einen Schatz zeigen.
Sie giengen über Berg und Thal, bis der Alte bei einer Holunderstaude
halt machte. Siehst du was? sprach er. Nein, sagte der Bauer. Da zündete
er eine Fackel an, nahm aus der Felsenritze zwei Schlüssel hervor
und sperrte eine eiserne Thür knarrend auf. Sie giengen hinein in
einen Sal, in welchem zwei Kohlenhaufen lagen, dann in einen zweiten Sal,
wo er gleichfalls zwei Kohlenhaufen sah, und an dessen Ausgang einen großen
schwarzen Hund. Hier sagte der Alte, kannst du täglich zwei Hand
voll solcher Kohlen nehmen; doch darfst du niemandem davon sagen. Das
that der Bauer, und er fand statt Kohlen immer Gold.
Quelle: Mythen und Bräuche
des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 24f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.