23. [Die 12 schwarzen Männer]
Zu Altenmarkt an der Straße nach Maria-Zell lebte einst ein Wirt,
ein gar ruchloser Mensch. Er that den ganzen lieben Tag nichts als fluchen
und schelten. Einmal - es war am Taufasamstag1)
- hatte er wieder den ganzen Tag herumgeflucht, und dießmal that
er es bis spät in die Nacht hinein. Es wurde Mitternacht. Da hörten
sie plötzlich mit entsetzlichem Gepolter einen schweren Wagen in
ihren Hof hinein rollen und pumpern. Allen kam ein Grausen an. Da geht
die Gastzimmerthür auf, und es treten zwölf kohlschwarze Männer
herein, die sich ganz stumm zum Tische setzen. Die Wirtsleute ganz starr
vor Schreck und Entsetzen wissen sich nicht zu rathen und zu helfen, und
getrauen sich nicht einen Schritt von ihrem Platze zu weichen. Das Dienstmädchen
hat doch so viel Geistesgegenwart und lauft schnell zur Nachbarin, die
als ein frommes, christliches Weib bekannt war, weckt sie auf, und erzählt
ihr zitternd von den zwölf schwarzen Männern. Zugleich bittet
sie dieselbe, nur mit ihr hinüber zu gehen, denn ihre Herrnleute
wüsten sich gar nicht zu helfen. Die Nachbarin, schon eine Greisin,
macht sich sogleich auf und geht mit, nimmt aber Weihwasser zu sich. Sie
tritt in's Gastzimmer hinein mit dem Rufe: "Gelobt sei Jesus Christus!"
Hernach besprengte sie das ganze Zimmer, sowie auch die schwarzen Männer
mit Weihwasser. Da stehen sie einer nach dem andern auf und verlieren
sich aus dem Zimmer. Der letzte, als er bei der Thür hinaus schritt,
sagte: "enker 2) Glück!"
Das sprach er aber so durch die Nase, daß man deutlich daraus schließen
konnte, woher diese Männer waren. Darauf hörten sie den Wagen
mit dem früheren Gepolter zum Hofe hinausrollen. Im Hause aber hatten
die schwarzen Männer einen Höllengestank zurückgelassen.
Zwölf schwarze Männer finden wir auch bei Rochholz Aar. Sag. 2, S, 144. Über die Zwölfzahl vergl. Simrock Myth. 2, 194.
1) Samstag vor Ostern.
2) Euer.
Quelle:
Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken,
Wien 1859. S. 101
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.