42. [Ein Zwerg straft die Ungastlichkeit]
Unweit Grein am Glomerbache lebte eine kranke Mutter mit ihrer Tochter;
in der Nähe wohnten mehrere wohlhabende aber geizige Bauern. Zu einem
solchen kam eines Abends, als es draußen stürmte und wetterte,
ein bucklichtes [buckliges] Männlein, das einen ungeheuer
großen Kopf hatte und kleine grüne Gänseaugen.
Es bat um Unterstand, allein der Bauer wies ihn mit harten Worten ab.
So ergieng es ihm noch vor andern Häusern. Nur in der Hütte
der kranken Frau ward er von der Tochter freundlich aufgenommen und bewirtet.
Beim Abschiede nahm er aus seinem Bündel einen frischen Blumenstrauß
und überreichte ihn der Tochter mit den Worten: Bereite von diesen
Blumen täglich einen Thee, gib ihn der Mutter zu trinken und sie
wird bald gesund werden. Am ersten Ostertage aber beim Ave-läuten
komm auf die Glomerhöhe, dort wirst du in der Nähe des Brachfelsens,
wo rechts das Nadelholzwäldchen steht, einen Platz finden, der mit
solchen Blumen überfüllt ist.
Darauf verschwand die Ungestalt und das Mädchen befolgte alles genau.
Auch auf die bezeichnete Höhe wanderte sie und brachte eine Zeit
lang in der Zwergenhöle zu. In der ersten Nacht, die auf den Ostertag
folgte, rollten große Steine von der Glomerhöhe und zerschmetterten
die Häuser der reichen Bauern, nur die Hütte blieb verschont.
Das Wasser strömte herab und dadurch entstand das Flußbett
des Glomerbaches.
Quelle:
Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken,
Wien 1859. S. 226f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.