DIE HARTHERZIGE BÄUERIN

In Kittsee lebte eine junge, reiche Bäuerin, die so geizig und herzlos war, daß sie selbst das trockene Brot lieber in einen versiegten Brunnen warf, als es Bedürftigen zu geben. Eines Tages wurde sie plötzlich schwer krank und siebenmal lag sie schon in den letzten Zügen, bis sie den Pfarrer bat, sie zu versehen, um von ihren schweren Leiden erlöst zu werden. Dann starb sie. Als die Erben die Truhen öffneten, waren alle ihre Reichtümer zerstört und von Mäusen zerfressen. Nach ihrem Tode sah eine Nachbarin, die ein Neusonntagskind war, in der Geisterstunde einen feurigen Wagen, auf dessen Bock der Geist der verstorbenen Bäurin saß, lärmend und polternd durch das Dorf fahren. Diese Frau weckte wiederholt ihre Verwandten auf, damit sie sich das schaurige Schauspiel ansähen, aber allemal, wenn diese es sehen wollten, war der Spuk schon verschwunden.

- Nach einer anderen Überlieferung wurde der Geist auf einem feurigen Vogel und einmal sogar auf einem Besen durch die Luft fliegen gesehen.


Quelle: Sagen aus dem Burgenland, Herausgegeben von Anton Mailly, Adolf Pfarr und Ernst Löger, Wien und Leipzig 1931, Nr. 12, Seite 28