Die Braut des Blitzes
Im 17. Jahrhundert lebte im Schlosse Deutschkreuz Graf Nadasdy, der seine schöne Tochter Erwine einem reichen alten Magnaten zur Ehefrau geben wollte, um in der Adelswelt zu größerem Ansehen zu gelangen. Eines Tages erschien im Schlosse der alte Bräutigam mit einem großen Gefolge. Unter seinen Rittern fiel der kaum siebzehnjährigen Gräfin der Vetter des Magnaten, Ladislaus, auf, dessen Herz sie sofort gewann. Im Schlosse fanden festliche Gelage zu Ehren der bevorstehenden Heirat statt, aber Erwine wollte von dem alten Manne nichts wissen. Schließlich gestand sie ihrem Vater, Ladislaus zu lieben. Der ehrgeizige Schloßherr ließ sich aber nicht erweichen und bestimmte mit dem Magnaten insgeheim den Tag der Hochzeit.
Bald darauf kam auf Schloß Deutschkreuz die Nachricht, dass Ladislaus
in einer Kumanenschlacht gefallen sei, was von der ahnungslosen Erwine
auch geglaubt wurde. Nun drang der Vater auf die Heirat mit dem alten
Magnaten, und da Erwine des Vaters Zorn fürchtete, fand sie sich
scheinbar mit ihrem Schicksal ab. Am Tag der Hochzeit befand sie sich
in ihrer Kammer, mit dem Brautkranz auf dem Kopfe, und war bereit, in
die Schloßkapelle zu gehen. Da erhob sich plötzlich ein heftiges
Gewitter, Blitze zuckten und Donner rollten. Erwine warf sich auf die
Knie und flehte den zürnenden Himmel um Erlösung an. Plötzlich
fuhr ein Blitzstrahl durch das Fenster und tötete die junge Braut.
Zur Erinnerung an die Unglückliche wurde an der äußeren
Schloß wand neben dem Fenster der Kammer, wo sie so tragisch ums
Leben gekommen war, ein Marienbild angebracht, das noch heute zu sehen
ist.
Quelle: Anton Mailly , Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, Wien/Leipzig 1931, Nr. 82, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 196f.