Von feurigen Männern

Vor Jahren wurden häufig auf den Feldern von Au zur Nachtzeit feurige Männer gesehen. Sie trugen eine Stange, mit welcher sie die Äcker abzumessen schienen. Als eines Nachts ein Bauer aus Au mit seinem Fuhrwerk nach Hause fuhr, konnten die Pferde plötzlich nicht weiter. Ein ungeheures Gewicht schien auf dem Wagen zu lasten. Als der Bauer sich umsah, gewahrte er einen feurigen Mann auf dem Wagen sitzen. Unwillig rief er der feurigen Gestalt zu, den Platz zu verlassen. Mit einem tiefen Seufzer sprang der feurige Mann vom Wagen und verschwand. Hätte der Bauer ihn über die Torschwelle seines Hauses geführt, so wäre die arme Seele erlöst gewesen.

Annenkreuz, Loretto, Burgenland © Harald Hartmann

Das Annenkreuz bei Loretto, Burgenland
© Harald Hartmann, August 2006

Annenkreuz, Loretto, Burgenland © Harald Hartmann

Inschrift im Gibel des Annenkreuzes bei Loretto, Burgenland
"1722
St. Anna duet
verehrn
Ihr Lob zu vermehrn."
© Harald Hartmann, August 2006

Auch beim roten Kreuz, zwischen Au und Stotzing, wurde früher ein feuriger Mann gesehen, der auf den Schultern einen schweren Grenzstein trug und jämmerlich schrie:

"Wohin soll ich ihn legen, wohin soll ich ihn legen?"


Als einst ein Auer auf dem Heimwege beim Kreuze vorbeikam und den Jammernden hörte, rief er unwirsch:

"Was geht's mich an, gib ihn hin, woher du ihn genommen hast!"


Mit einem "Vergelt's Gott!" verschwand die feurige Gestalt - sie hatte endlich Erlösung gefunden.

Zwischen Au und Loretto und beim Annenkreuz unweit Prodersdorf sollen früher feurige Männer ihr Unwesen getrieben haben.

Das Rote Kreuz zwischen Au am Leithagebirge und Stotzing Burgenland © Harald Hartmann

Das Rote Kreuz zwischen Au am Leithagebirge (Niederösterreich) und Stotzing (Burgenland)
© Harald Hartmann, August 2006

Quelle: Sagen aus dem Leithagebirge, Alexander Seracsin, in: Unsere Heimat, 9. Jg. (1936), Nr. 8/9, S. 249, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 97.