Der Herr der Fische

Wir haben Wohnungsmieter gehabt, und da war ein alter Herr. Und die Kinder waren klein, und da ist er immer zu uns nach vorn (in die vordere Wohnung, er hatte sie im hinteren Teil des Streckhofes) gekommen und hat uns erzählt solche Geschichten. Nun, und da hat er uns einmal vom Racherl erzählt, nicht. Und das soll wahr sein. Es hat früher immer Hexen gegeben. Und dann geht er fischen, sein Großvater, hinüber in den Lehmgraben. Und er ist, dort draußen in den Bergen hat er gewohnt (hier sind nur Hügel gemeint). Über die Wälder hat er müssen gehen. Und da hat er das Säcklein genommen, nicht, und hat gefischt.

Und wie er nach Hause geht, hört er auf einmal:

"Racherl, was hast im Sackerl?"

Ja, hat er sich gedacht, ich weiß nicht, ich habe ja mein Sackerl auf dem Rücken. Von wo kommt das Reden her? Nun, und da geht er weiter. Jetzt wieder:

"Racherl, was hast im Sackerl?"

Jetzt ist es ihm schon ein bißchen komisch vorgekommen, und wie er das dritte Mal gefragt wird:

"Racherl, was hast im Sackerl?"

Jetzt hat er das Sackerl gepackt und hat es weggeworfen und hat zu laufen angefangen. Und dann, hinter ihm hat es gelacht. Und gelacht ist worden. Und ist nach Hause gekommen, ist er in Schweiß gebadet gewesen. Und jetzt sagen seine Leute:

"Ja, was hast du denn gehabt?"

Jetzt hat er es ihnen erzählt.

Nun, und am anderen Tage hat er sich gedacht: Jetzt mußt du doch schauen! (Das Säcklein hat er zugebunden gehabt.) Und wie er hingeht, war kein Sackerl und kein Fisch und nichts vorhanden - nicht!

Und jetzt weiß ich nicht: Ist es die Wahrheit oder ist es nur ein Märchen? Das weiß man nicht. Aber der hat geschworen darauf, daß es sein Vater gesagt hat, das soll wahr sein.


Quelle: Karl Haiding, eine burgenländische Sage vom Herrn der Fische, in: Öserreichische Zeitschrift für Volkskunde 1982, Bd. XXXVI, Heft 3, S. 203f, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 261ff.