Die Klage vom Leithagebirge
Ein Bauer führte spätabends seine Weinladung über das Leithagebirge. Während er, ein fröhliches Liedlein pfeifend, neben seinem Wagen einherschritt, sah er plötzlich eine feurige Kugel vom Abhang her gerade auf seinen Wagen zurollen. In der Besorgnis, daß ihm die Pferde durchgehen könnten, griff er rasch nach einem Holzprügel und rief dem dahertanzenden Ding zu:
"Wenn du auf mich rollst, zerschlage ich dich wie einen Kürbis."
Die Kugel aber kümmerte sich um das Geschrei des Mannes nicht und umkreiste funkensprühend unaufhörlich den Wagen, so daß dem Bauern die Haare zu Berg stiegen und er mit einem Stoßgebet seine Pferde zu rascherer Gangart antrieb, um aus der unheimlichen Gegend fortzukommen. Aber erst knapp vor dem nächsten Dorf verlor sich die Kugel im Feld. Aufatmend hielt der Fuhrmann vor dem Gasthaus des Ortes an und erzählte dort sein Erlebnis. Die Zuhörer lachten ihn aus.
Einige Tage später fand man den Bauern mit seinen Pferden an der
gleichen Stelle, wo ihm die Kugel erschienen war, unter den Trümmern
seines Wagens tot auf. Weder die Pferde noch der Bauer wiesen Verletzungen
auf, nur die Schürze des Mannes zeigte einige Brandlöcher. Die
Klage, jenes seltsame Wesen, das den Menschen Unheil, Krankheit und Tod
bringt, hatte den Mann und die Pferde getötet.
Quelle: Anton Mailly, Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, Wien/Leipzig 1931, S. 44f, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 101.