Das Kuhweib

Als einmal eine Bauersfrau ihrem ungarischen Knecht klagte, daß ihr immer bei Nacht die Kühe ausgemolken würden, sagte dieser zu ihr:

"Frau, i wirnan opaßn, den Kuiwei!"

Die Bäuerin lachte und sagte, sie wäre ihm sehr dankbar. Und wirklich, als der Knecht einmal sehr spät in den Roßstall schlafen ging, hörte er um Mitternacht im Kuhstall melken. Er stand lautlos auf, ging hinaus in den Hof zur Kuhstalltür und riegelte diese leise zu. Als das "Kuhweib" herauswollte, konnte es nicht mehr, denn auch die Stallfensterl waren zu klein. Deshalb jammerte sie sehr. Da holte der Knecht einen dicken Prügel, nahm dem "Kuhweib" die Milch weg und schlug es so lange, bis des Knechtes Herrenleute von dem Geschrei wach wurden. Sie liefen herbei, taten die Tücher weg und erkannten in dem "Kuhweib" ihre eigene Nachbarin. Seither molk der Bäuerin niemand mehr die Kühe aus. Der Knecht aber ward belohnt.


Quelle: Rosa Margl, Sagen aus Winden, in: Volk und Heimat IV (1951), Nr. 15, S. 2, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 207.