Die Rache der Hexe

Ein junger Bursche ging eines Abends durch das Dorf, als ihm ein Mädchen begegnete, welches seine Schürze um den Kopf geschlagen hatte. Neugierig, wer dies sei, versuchte er ihr die Schürze zu entreißen. Doch als Antwort schleuderte ihm das Mädchen einen Milcheimer ins Gesicht. Der Geschlagene, im Gesicht heftig blutend, suchte schreiend das Weite. Aber, oh Schreck! Am nächsten Morgen war der Mund des Burschen in die Nähe der Ohren gerückt, auch begann die Wunde um zwölf Uhr mittags und mitternachts heftig zu bluten. Durch den starken Blutverlust geschwächt, mußte der junge Mensch sein Leben lassen. Als er vor seinem Tode den Namen des Mädchens, welches ihm das Leid angetan hatte, nennen wollte, verschlug es ihm die Rede, und ein Stottern war alles, was er herausbrachte. Selbst als der Unglückliche schon tot und aufgebahrt lag, suchte die Hexe Rache an ihm zu nehmen. Im verschlossenen Zimmer aufgebahrt, fand man seine Hände und Füße von der Bahre schlaff herabhängend. So hatte sich die Hexe gerächt.

 

Quelle: Sagen aus dem Leithagebirge, Alexander Seracsin, in: Unsere Heimat, 9. Jg. (1936), Nr. 8/9, S. 246ff, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 31.