Die Riesenschlange von Güssing
Auf den Wiesen der Abhänge des Güssinger Schloßberges
weideten einmal viele Schafe. Eines Tages bemerkte der Hirt, daß
ein Schaf verschwunden war. Tags darauf verlor er auf diese unerklärliche
Weise ein zweites Schaf, und in den folgenden Tagen wiederholte sich der
Abgang weiterer Schafe. Diese täglichen Verluste veranlaßten
den Hirten, die schwer zugänglichen Felsen der Abhänge zu untersuchen.
Zu seiner Bestürzung entdeckte er eine Höhle, in der ein schlangenartiges
Ungeheuer eben ein geraubtes Schaf fraß. Der Hirt eilte ins Dorf
und erzählte den Bauern sein Erlebnis. Zehn Männer, mit langstieligen
Mistgabeln bewaffnet, entschlossen sich, das Ungeheuer umzubringen. Nach
einem dreistündigen schweren Kampf gelang es den heldenhaften Männern,
das Ungeheuer zu erschlagen. Die Riesenschlange war so groß, daß
der größte Wagen im Dorf mit vier Ochsen bespannt werden mußte,
um sie aus der Höhle fortzuschaffen.
Quelle: Anton Mailly, Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, Wien/Leipzig 1931, Nr. 22, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 247.