Der Schatz im Schatten des Turmknaufes
Eine alte Überlieferung in Eisenstadt berichtet, daß zu einer
gewissen Nachtstunde des Jahres der Schatten eines gewissen Turmknaufes
auf eine Stelle fällt, wo ein Schatz aus der Türkenzeit verborgen
liege.
Ein Maurermeister ging einmal in einer Vollmondnacht nach Hause. Als er
die Marktzeile, die heutige Hauptstraße der Stadt, durchschritt,
fielen ihm die wunderlichen Schatten der Häuser auf. Plötzlich
erschien in der Straße ein schwarzer Hund, groß wie ein Kalb,
mit rollenden feurigen Augen. Als der Hund sich knurrend und zähnefletschend
dem Maurermeister näherte, sprang dieser über das Gitter eines
Hausgartens. Kaum fühlte er sich in Sicherheit, stand abermals der
unheimliche Hund vor ihm. Mit einem Stoßgebet auf den Lippen sprang
der Mann über das Gitter wieder zurück, um eiligst seinem Haus
zuzustreben. Der Hund war ihm nicht gefolgt.
Dieses Erlebnis erzählte der Maurermeister oft in Freundeskreisen,
verriet aber nicht die Zeit und die Stelle, wohin in jener Nacht der Schatten
des nun bekannt gewordenen Turmknaufes gefallen und wo auch der schwarze
Hund als Behüter des Schatzes urplötzlich aufgetaucht war. Der
Maurermeister meinte, er wolle das Leben des Nächsten nicht einer
Gefahr aussetzen.
Quelle: Anton Mailly, Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, Wien/Leipzig 1931, Nr. 68, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 231.