Das Bergwerk in Ruden

Vor ungefähr 150 Jahren befanden sich in dem Berge bei Ruden ergiebige Eisengruben. In dem Wirtshause des Dorfes pflegten die Knappen nach der harten Arbeit sich bei Gesang und Tanz zu erholen. Da der Bergbau riesige Mengen Eisenerz abwarf, waren die Knappen sehr gut besoldet und verübten, durch den Reichtum übermütig gemacht, viel tolle Streiche. Sie wußten, daß die Wirtsfrau eine schwarze Kuh besaß. In einer Nacht schlichen einige von ihnen in den Stall und begannen der Kuh die Haut bei lebendigem Leibe abzuziehen, dann füllten sie das Fell mit Heu und Stroh und stellten das Trugbild an den Futtertrog. Als nun die Wirtin am Morgen in den Stall ging, um ihre Kühe zu füttern und zu melken, sah sie zu ihrem Entsetzen, was bei Nacht geschehen war. Zorn und Verzweiflung stritten eine Zeitlang in ihrer Brust, schließlich bemächtigte sich ihres sonst frommen Sinnes der brennende Wunsch nach Rache. Vor allem brannte sie zu erfahren, wer die Frevler waren. Während sie auf dem Boden umherspähte, ob keine Spur zu entdecken sei, bemerkte sie plötzlich unter dem Futtertroge ein Bergmannskäppchen und wußte jetzt, wer ihr den Schaden angetan. Da füllte sie ein Scheffel mit Mohnsamen und sprach die Verwünschung aus, daß im Berge so viele Jahre kein Erz mehr gewonnen werden möge, als das Getreidescheffel Mohnkörner zähle. Dieser Fluch ging auch alsbald in Erfüllung. Im selben Augenblicke verschwand das Eisenerz in allen Gruben, und die Knappen mußten in die Fremde ziehen, um auf andere Weise fern von der Heimat ihr Brot zu verdienen. Noch heute erinnert der Name des Dörfleins Rüden an den ehemaligen Erzreichtum der Gegend, denn er bedeutet soviel als Ruda, d.h. „Erz".

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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