Die Blutmuldern
Magdalenenkapelle im Lurnfeld.
© Harald Hartmann, August 2006
Unfern dem Dorfe Möllbrücke, nahe der Stelle, wo die Eisenbahn die Moll überquert, erhebt sich inmitten des Lurnfeldes eine der heiligen Magdalena geweihte Kapelle, umschattet von drei mächtigen Linden, welche ihr Laubdach wie schützend über sie ausstrecken. Eine kurze Strecke von der Kapelle entfernt bemerkt man drei größere Vertiefungen, die sich sanft verflachen und die das Volk die „Blutmuldern" nennt. Hier nun soll es gewesen sein, wo durch die christlichen Franken die Macht der Slawen in einer furchtbaren Schlacht gebrochen und der Götzenaltar, um den diese hilfesuchend sich geschart hatten, zerstört wurde. Da erging aus dem Munde des sterbenden Heidenpriesters der Rachefluch: hier werde, wenn die Linden aus dem geweihten Boden sich zum drittenmal erneuert hatten, das hart bedrückte und gedemütigte Slawenvolk gegen seinen Herrn sich erheben, die dort verborgenen Keulen hervorsuchen, und jene Blutmuldern würden sich mit Leichen und Blut füllen, diesmal mit Germanenblut. In der Vertilgungsschlacht werde das Weib eines in der Nähe seßhaften Bauers mit Namen Partusch den feindlichen Anführer, der allein noch die Niederlage der Seinen überleben soll, mit einer Ofenkrücke erschlagen.
Als Zeichen der Sühnung und als Denkmal für kommende Jahrhunderte erbaute man an dem Platze des einstigen Götzendienstes die Magdalenenkapelle, und nur die Linden blieben aus der heidnischen Vorzeit. Die Volkssage verlor in der Folge zwar ihre Bedeutung, nachdem Deutsche und Slawen im schönen Drautale friedlich nebeneinander wohnten; aber desungeachtet wurzelte das Andenken daran so tief im Volke, daß die aufrührerischen Bauern von Millstatt im Jahre 1735 nach ihrem eigenen Geständnisse nahe daran waren, die am Lurnfelde bei der Magdalenenkapclle verborgenen Keulen auszugraben und damit ihre Herren zu erschlagen. Neuerdings aufgetaucht ist Sage und Glaube auch im verhängnisvollen Jahre 1848.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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