Der „Bugglwald“ in St. Urban

Der Bugglwald war vor vielen Jahren ein Ort, den während der Nacht niemand betreten durfte. Tat es jemand, so wurde er ganz gewiß vom „Wilden Gjoad“ zerfleischt oder er mußte bis zum Morgengrauen im Walde herumirren. Nur ein schwangeres Weib oder eine, die um Gevatterschaft bitten ging, kam ungeschoren durch den Wald. Einst mußte eine Bauerntochter nach dem Betläuten durch den unheimlichen Wald. Da rief ihr der Wilde Mann zu: „Bist erst heut Nåcht schwångar woarn, is schon so groaß wia a Håberkoarn.“ Ihr geschah kein Leid.

Zu einem Bauer, der in diesem Walde lebte, kam einmal eine ungewöhnlich große Katze und machte sich’s in seinem Hause recht gemütlich. Da sie aber sonst sehr artig war, gewannen sie die Hausleute lieb und man duldete sogar, daß sie sich zum Tische setzen durfte, wenn eine Mahlzeit eingenommen wurde. Daß sie da manchen guten Brocken erhielt, läßt sich denken. Lange schon war sie im Hause, als einmal vom Walde herunter der Wilde Mann rief: „Buggl an Båch, hast mei ålte Råggnbågga wohl noch?“ Jämmerlich miauend eilte die Katze gegen den Wald und kam niemals wieder.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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