Dietrichstein in Kärnten
Als bei fortwährender Belagerung des Schlosses Dietrichstein (im Jahre 1334) die Obersten gesehen, daß sie den Platz in die Länge wider die Frau Margarete Maultasch nicht erhalten möchten, da sie ihnen zu mächtig gewesen; dazu dann auch kommen, daß sie von Erzherzog Otten keine Hilf auf diesmal zu erhoffen gehabt, sind sie hierauf mit einhelligem Gemüt auf einen Abend, da ein gewaltiger Nebel eingefallen, in aller Stille mit dem ganzen kärntischen Kriegsvolk von Dietrichstein abgezogen und ganz glücklich in die Stadt St. Veit gekommen, dessen sich eine ganze Bürgerschaft höchlich erfreut hat. Wie nun aber die Maultaschischen folgenden Tages mit Stürmnug angehalten und keinen einzigen Widerstand befunden, konnten sie leichtlich aus dem stillen Wesen abnehmen, daß die Unsern sie betrogen und das Schloß ihnen leer verlassen hatten; darum Frau Maultasch im Zorn entbrannt mit großem Geschrei die Ihren nötiget und zwang, die Mauern zu ersteigen und das Haus einzunehmen; welches sie leichtlich, weil niemand darauf gewesen, tun können; und eroberten es also, und wurden die Mauern ungestümiglich zerbrochen, die Türm und Tore alle der Erde gleich eingerissen, die Zimmer verbrannt, und ließen sie allda wenig Gebäu aufrecht stehen. Damit ist Dietrichstein von der Maultasch zerstört und greulich verwüstet worden, das doch die Herren von Dietrichstein folgender Zeit wieder aufgebaut und in etwas bewohnt gemacht haben. Es ist die gemeine Sage im Land, wie daß in diesem verödeten Schloß ein groß unsäglich Gut soll verborgen liegen; wie dann heutzutage oft geschehen soll, wenn man recht in das verfallene Gebäu kommt, daß sich ein solches Werfen, Poltern und Sausen erhebt, gleich als wenn es alles über einen Haufen werfen wollt; darum sich denn auch niemand unterstehen darf, lang an diesem Ort zu bleiben.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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