Ende der Zeiten
Wenn das Ende der Zeiten naht, wird es viele Nationen und Völker geben; die Religionen werden derart verworren sein, daß die Geistlichen auf die Berge gehen und die Hirten fragen werden, welches der rechte Glaube sei. Zwist und Kampf entstehen, schlimme Krankheiten brechen aus und großes Elend kommt über das Volk. Keiner will mehr das Feld bebauen, das Unglück mehrt sich von Tag zu Tag, die Städte stürzen ein und die Dörfer gehen zugrunde. Wenn sich das alles zeigt, geht es schon dem Ende der Welt zu. Wir selbst können dies erleben, vielleicht sogar noch unsere Mütter; wenn nicht wir, so gewiß unsere Kinder. Als Vorzeichen des künftigen Gerichtes wird am Himmel eine rote Rute erscheinen, welche bedeutet, daß der Krieg im ganzen Lande ausgebrochen ist.
In früheren Zeiten machten die Holzknechte auf die Strünke der gefällten Bäume mit der Hacke ein Kreuz. Wer jetzt in der Gnade Gottes sein und sich auf ein solches Kreuz setzen wird, soll von einer Wolke verhüllt werden, so daß ihm nichts geschehen kann. Der Krieg wird nur solange dauern, als man braucht, um drei Laib Brot in den unterirdischen Räumen, wohin sich die Leute aus Angst vor dem Kommenden zurückgezogen, zu verzehren. Ist die letzte Krume aufgezehrt, so endet das Toben des Krieges. Die dem Tode entgangenen Manschen werden ein großes Feuer anzünden und allen Überlebenden damit ein Zeichen geben, worauf die Leute aus ihren Verstecken hervorkommen und dem Feuer zueilen werden. Hierauf sollen noch einige gute Jahre eintreten, denen der Weltuntergang folgen wird. (Loibltal, Prävali.)
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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