Der Finsterbach

Der Finsterbach ist ein Seitengraben in der Schattseite ob Gurk. Einst kamen die Türken in das obere Gurktal und zogen talabwärts. Was sich retten konnte, flüchtete in die Berge. Schon drang der Schreckensruf „Die Türken kommen!" auch nach Gurk. Die Bewohner des Ortes sowie der Umgebung flüchteten sich mit Weib und Kind in die große, prächtige Kirche, welche von der heiligen Hemma erbaut wurde. Als sie die ersten Streifscharen erblickten, ließen sie die Sturmglocke ertönen. Schon wollten die wilden Horden in den Ort eindringen, um ihr Vernichtungswerk zu beginnen, als er ihnen plötzlich aus den Augen verschwand. Nun mußten sie sich zurückziehen. Zu diesem Zwecke schlugen sie in der Schattseite, in dem bereits bezeichneten Graben, ihr Lager auf. Am nächsten Tage versuchten sie neuerdings einen Angriff, doch vergebens. Wenn sie in die Nähe des Ortes kamen, verschwand er ihren Augen; zogen sie sich jedoch wieder zurück, so sahen sie den Ort wieder. Auch den Klang der Glocke vernahmen sie deutlich. Bei jedem weiteren Angriff wiederholte sich das Wunder. Erzürnt über dieses Mißgeschick mußten sie unverrichteter Dinge abziehen. Dem Graben, in dem sie gelagert, gaben sie den Namen Finsterbach. Die Bewohner jubelten laut über ihre wunderbare Rettung, sie stimmten in der Kirche einen Lobgesang an und dankten Gott, daß er sie aus ihrer gefährlichen Lage errettet hatte.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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