Der Franzosenschatz im See

Der Presseggersee bei Hermagor ist wohl ein ganz kleiner, aber doch tückischer See, und gar leicht kann einem ungeübten Schiffer eine plötzliche Wellenbewegung während der Fahrt gefährlich werden.

Zur Zeit, als der große Machthaber Napoleon auch in dieses einsame Tal kam und ein Teil der Heere hier durchzog, sollte eine Kriegskasse mit mehreren Millionen auf einer ganz entlegenen Stelle für das in Kärnten stehende Heer aufbewahrt werden. Dazu wurde das hinter einem großen Hügel am jenseitigen Ufer des Sees gelegene Dörflein Paßriach ausersehen. Als dessen Bewohner davon erfuhren, waren sie sehr bestürzt darüber, denn nun galt es, alle ihre Häuschen der französischen Besatzung zu überlassen, wodurch sie fast obdachlos geworden wären. In ihrer Angst und Not baten sie Gott um Hilfe, und wirklich, als die Soldaten schon auf dem See waren und den Kriegsschatz hinüberschaffen wollten, da erhob sich ein heftiger Sturm. Infolge der schweren Belastung des Kahns konnten sie nicht schnell genug ans Ufer fahren, das Schiff kippte um und warf Mann und Kasse in die Fluten. Die Soldaten ertranken, der Schatz soll aber noch tief am Grunde des Sees ruhen. Ein Franzose wurde halb tot, halb lebendig gerettet und von einem braven Bäuerlein bis zu seinem baldigen Tode treu und liebevoll gepflegt. Zum Dank für diese edle Tat vermachte er dem Bauer sein Gewehr, welches noch heute von dessen Nachkommen gezeigt wird.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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