Die Habergeiß
Nach einer Erzählung aus dem Mölltale hat die Håbergaß nur drei Füße, und zwar einen vorn auf der Brust; man hört sie besonders an schönen Frühlings- und Sommerabenden. Wenn sie einer meggaz'n hört, so stirbt er entweder selbst bald oder einer seiner Verwandten. (Drautal.) Ihr Auftreten ist sonst an keine bestimmte Zeit gebunden. Im Drautal und Gurktal bedeutet Håbergaß auch Uhu oder kleine Nachteule, welche Vögel durch ihren Ruf gleichfalls einen Todesfall anzeigen. Die Sage beschreibt sie bald als Vogel, bald als vierfüßiges Tier. Manchmal wird sie wie der „Brechelschimmel“ von zwei Männern, über die ein weißes Tuch geworfen wird, so dargestellt, daß eine pferdeähnliche Figur entsteht, die nun lärmend in die Stube, wo die schlimmen Kinder sich befinden, einzieht. In Feldkirchen und in der Reichenau gilt die Håbergaß als Hexe. Sie erscheint als altes, häßliches Weib in zerlumpten Kleidern, mit Werg auf dem Kopfe und einer Mistgabel bewaffnet. Beim Mahle der Brechlerinnen kommt sie ans Fenster und langt mit der Gabel nach den Speisen, wobei sie allerlei Tierstimmen erschallen läßt. Sie versucht dann, ins Haus einzudringen, allein sobald sie auf der Tür ein weißes Kreuz oder das Trudenzeichen findet, muß sie entweichen.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at