6. Gründung der Kirche in Gräbern.
Gräbern, Bezirk Wolfsberg © Harald Hartmann
Gräbern, Bezirk Wolfsberg.
© Harald Hartmann, August 2006

Durch die grauenhafte Ermordung seiner Söhne in Wut gebracht, zog Wilhelm, der Gatte Hemmas, gegen die aufrührerischen Knappen zu Felde und richtete unter ihnen ein schreckliches Blutbad an, wobei mehrere hundert den zweifachen Totschlag mit dem Leben büßen mußten. Kaum war die Rache abgekühlt, so regte sich vorwurfsvoll sein Gewissen. Um nun dem geängstigten Gemüte die verlorene Ruhe wieder zu gewinnen und seine grausame Rachetat abzubüßen, beschloß er, eine Reise nach Rom anzutreten und machte sich alsbald auf den Weg.

Schon zog er, in Pilgerkleider gehüllt, über die Saualpe wieder der Heimat zu, als ihn in der Scheune eines Bauers, eine und eine halbe Stunde von der jetzigen Kirche entfernt, infolge der Anstrengung von der langen Reise der Tod ereilte. Die Sage nennt auch das Bauernhaus, wo das geschah, es heißt jetzt beim Lenz in der Auen.

Grab des Wilhelm v. Friesach in der Kirche von Gräbern © Harald Hartmann

Grab des Wilhelm v. Friesach in der Kirche von Gräbern.
Steingrabmal für Wilhelm von Zeltschach, den Gemahl der hl. Hemma, laut Inschrift um 1691 (1694) errichtet, jüngere farbige Fassung.
© Harald Hartmann, August 2006

Schrecken und heilige Ehrfurcht ergriffen den Landmann, als er morgens an seine Arbeit ging und in der Scheune den Leichnam eines Pilgers fand. Da ihn niemand kannte, beschlossen die Leute, ihn auf einen strohbedeckten Wagen zu legen. Man spannte zwei ungelernte Stiere vor und überließ die Leitung des Gespanns dem Allmächtigen, in der Absicht, ihn dort zu begraben, wo die Ochsen mit dem Leichnam das drittemal stehenbleiben würden. Inmitten von Dornen und Disteln, wo heute das Gotteshaus steht, machte der Wagen zum drittenmal halt, und dieser Platz wurde zur Grabstätte Wihelms bestimmt. Kirche und Gegend erhielten davon den Namen Gräbern. So wie sich diese Geschichte weiter verbreitete, kamen immer mehr Wallfahrer zum Grabe Wilhelms, und bald knüpfte sich an dieses infolge geschehener Wunder der Ruf der Heiligkeit. Durch fromme Spenden der Gläubigen soll schon im 12. Jahrhundert eine Kirche erbaut worden sein, von der aber nur wenige Spuren mehr vorhanden sind, bis späterhin zur dankbaren Erinnerung die jetzt bestehende Kirche aus dem Schutte der alten hervorging. Selbst der Weg von der Todesstätte bis zu seinem Grabe ist durch zwei gemauerte Kreuze bezeichnet, und zwar an den Orten, wo die Stiere die beiden ersten Male ausruhten. Das eine Kreuz ist unfern der Scheune, das andere aber einige hundert Schritte von der Kirche entfernt. In der Kirche befindet sich hinter dem Altar ein Loch, zu welchem die Bauern auf den Knien hinrutschen und Eisenstücke hineinlegen. Diese werden zu Hause den Rindern um den Hals gelegt, damit sie immer gesund bleiben. Die Leute stecken auch ihre Köpfe in dieses Loch zum Schutze gegen Kopfweh. In der Kirche werden auch noch die alten schmiedeeisernen Nachbildungen von Haustieren geopfert.

Gräbern, Linde der hl. Hemma © Harald Hartmann

Im Jahr 1043 soll die heilige Hemma über dem Grab ihres Gemahls nicht nur eine Kirche errichtet sondern auch drei Linden gepflanzt haben.
© Harald Hartmann, August 2006

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at