3. Der Tod der Söhne.
Bald nach dem Jahre 990, ungefähr im zwanzigsten Jahre ihres Lebens, hatte Gräfin Hemma von Gurktal dem Grafen Wilhelm von Friesach und Zeltschach die Hand gereicht. Mächtig und reich lebte dieser mehrere Jahre glücklich mit seiner frommen Gattin, und zwei Söhne, Wilhelm und Hartwig, entsprossen dieser Ehe. Ihre vorzüglichsten Schätze hoben sie aus den nachbarlichen Bergwerken von Zeltschach, wo Hunderte von Knappen auf Silber bauten. Die Söhne des Berges überließen sich, wenn sie ihren finsteren Schächten entstiegen waren, der wildesten Schwelgerei; da galt ihnen nichts heilig, auch nicht die Bande der Ehe. Einen solchen Ehebrecher ließen die beiden Brüder, während die Eltern auf ihren Besitzungen in Krain weilten, einfangen und mit dem Schwerte hinrichten. Mit diesem Todesurteil hatten die Brüder auch das ihre geschrieben. Heimlich kochte die Rachsucht in den Gruben der Berge, und bald ereilte sie die Ahnungslosen. Nicht lange, und eines Tages wurden sie im finsteren Schachte von den erbitterten Bergleuten mit Keulen erschlagen und statt der blinkenden Erze rollten die blutigen Leichname die Halde herab.
Bald hatte die Kunde von der furchtbaren Tat Wilhelm den Vater erreicht, er kam mit dem Schwerte der Vergeltung und sammelte unterwegs alle seine Edlen und Lehenspflichtigen. Es gab kein Urteil, weil man die Täter nicht kannte, nur eine Vertilgung der ganzen Rotte. Auf dem Marktplatze von Friesach floß das Blut der gefangenen Knappen, und hinan bis zu den Bergzinnen loderte die Brandfackel, hörte man nur Wehklagen und Geheul. Auch Hemma kam; aber sie konnte nur weinen, bitten und beschwören, bis die Hand des Rächers ruhte.
Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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